Die Versuchung

Komm und geh mit mir!“

Unter den Knaben, von denen wir euch gerade erzählt haben, war einer, der liebende Eltern hatte, ein angenehmes Heim mit einem Blumengarten, einem Obstgarten mit edlen Früchten, einen Hof mit Pferden, Rindern, Schafen, Schweinen, Hühnern und Truthühnern. Und im Hof und am Weg entlang wuchsen große Bäume, die viel Schatten spendeten. Nicht weit davon entfernt lagen schöne Wiesen und goldene Getreidefelder, ein wenig weiter ein großer Wald mit viel Wild und Bächen, in denen die Fische spielten. Ja und noch gab es tausenderlei, was einen Knaben im Freien glücklich und zufrieden machen konnte. Zu Hause hatte er viel Spielzeug und eine Bibliothek mit guten und interessanten Büchern. Alles war lieblich und angenehm.

Wenn nun jemand, der sich in einer solchen glücklichen Lage befindet, daran denken würde, alles zu verlassen und von zu Hause fortzugehen, möchte es dich gewiss überraschen. Als er nur etliche Jahre alt war, traf er mit bösen Buben zusammen, die ihn einluden, mit ihnen zu spielen. Dann wurde er von Zeit zu Zeit versucht, mit ihnen zu gehen und groben Unfug zu treiben, der, wie sie ihm versicherten, nichts Unrechtes wäre. Bald fing er an, schlechte Redensarten zu gebrauchen, weil die anderen sie gebrauchten. Allmählich wurde es immer schlimmer mit ihm. Und wenn er in das traute, keusche Heim zurückkam, o wie schuldig fühlte er sich dann! Und wenn seine Eltern ihn gefragt hätten, wo er gewesen sei, dann würde er eine Lüge erzählt haben.

Etliche Jahre vergingen und die Eltern hatten viele Sorgen um ihren ungeratenen Sohn. Das Heim schien keinen Reiz mehr für ihn zu haben. Eine schlechte Gewohnheit nach der andern nahm ihn gefangen, und er war nicht länger der unschuldige Knabe, der einst das Elternhaus mit Glück und Freude erfüllte. Er liebte es alleine zu sein und schlechte Bücher zu lesen, oder den Abend in schlechter Gesellschaft beim Kartenspiel oder auf andere ähnliche Weise zuzubringen.

Mit der Zeit bewogen ihn seine gottlosen Kameraden, von Zuhause fortzulaufen und in die Stadt zu gehen, wo sie zusammen ein lustiges Leben führen wollten. In der Stille der Nacht hat er das traute Heim verlassen. Es ist wohl nicht schwer zu erraten, was sein Schicksal bald sein wird. Ach, armer Junge, in der Stadt fandest du nicht, was du erwartet hast. – Hineingeraten in allerlei Laster, schien ihm seine Bahn schon vorgezeichnet zu sein. Tiefer und immer tiefer ging es mit ihm hinab. Von der Tanzhalle und Theater ins Wirtshaus, in die Spielhöhlen und verrufensten Gassen, bis ein Verbrechen nach dem andern begangen worden war. Endlich wurde er verhaftet und vor Gericht gebracht. Er war des Einbruchs angeklagt und wurde schuldig befunden. Der Richter verurteilte ihn zu mehreren Jahren Zwangsarbeit in der Strafanstalt. Als ihm die eisernen Fesseln angelegt wurden, um ihn an der Flucht zu hindern, während er nach zur Strafanstalt gebracht wurde, fing er an, seinen Zustand recht zu erkennen und bittere Tränen der Reue zu vergießen. Er dachte zurück an das schöne Landheim, an seinen Vater, der ihn so lieb hatte, und an die Mutter, der das Herz gebrochen war. Wie traurig war die Botschaft, die den Eltern verkündete: „Euer Sohn wurde zur Gefängnisstrafe verurteilt!“ Das bereitete größeren Schmerz, als wenn ihnen die Nachricht von seinem Tode, als er noch unschuldig war, gebracht worden wäre.

Meine lieben jungen Leser, könnt ihr nicht die große Gefahr schlechter Gesellschaft erkennen? Ihr könnt sehen, wohin sie führt. Die Not und Trübsal endet auch nicht einmal im Gefängnis, sondern wenn der Tod kommt, dann wartet solcher, die sich nicht von ihren Sünden bekehren und Frieden mit Gott finden, eine furchtbare, brennende Hölle, wie uns die Bibel lehrt. Möge dies eine Warnung für jeden Knaben sein. Seht zu, dass ihr nie den Pfad des Verderbens betretet – denn die Gefahr droht!