Das Lamm lehrt uns lieben

„Wie er die Seinen geliebt hatte, die in der Welt waren, so liebte er sie bis ans Ende“ (Joh. 13:1). Er hat die Seinen mehr geliebt als sich selbst. Das ist die Liebe Christi. Die Liebe, die aus der Natur kommt, liebt nach ihrer Neigung. Die Liebe, die im Gesetz geboten ist, liebt, weil Gott es will; sie liebt aus Pflicht (Lk. 10:27). Aber die Liebe Christi liebt andere mehr als sich selbst (1.Joh. 3:16). O wie weit sind wir noch zurück!
Im Kapitel der Liebe heißt es, dass die Liebe sich an der Wahrheit freut (1.Kor. 13:6). Liebe ist Wahrheit! Die Liebe hat bei dem Nächsten das Ewige im Auge, und darauf weist sie hin mit Zartheit, mit Ernst und, wenn es sein muss, mit Strenge. Fleischliche Liebe ist blind, aber göttliche Liebe hat ein helles Auge für die Wahrheit. Sie denkt nicht daran, was für sie dabei herauskomme, sondern was für ihren Herrn herauswachse. Wahre Liebe sucht bei Jesus nur ihn und bei Menschen nur ihre unsterblichen Seelen.
Liebe ist Hingabe! Sie liebt bis in den Tod – auch wenn man sie mit ihrem Meister ans Kreuz bringt. Fleischliche Liebe liebt auch bis in den Tod, aber nicht in den Tod Christi hinein, sondern in den geistlichen Tod. Fleischliche Liebe mündet immer in Hass. (Unter fleischlichen Liebe verstehen wir falsche Liebe unter den Frommen).
Gott in seiner Gnade lässt es zu, dass eines Tages ein Platzregen von bitteren, ungerechten Vorwürfen kommt und ein eisiger, liebloser Nordwind an das Liebesgebäude stößt. Das Gebäude auf Sand fällt dann ein und tut einen großen Fall, den man weithin hört. Wo man aufhört göttlich zu lieben, da fängt Ungerechtigkeit, Verwirrung und geistlicher Tod an. Göttlich lieben lernt man nur in der Schule des Lammes.
Liebe ist Gehorsam! Wann und wie lieben wir göttlich? In 1.Joh. 5:2 ist uns eine treffende Antwort gegeben: „Daran erkennen wir, dass wir Gottes Kinder lieben, wenn wir Gott lieben und seine Gebote halten“. Wer Gott liebt, zieht andere zu Gott hin, nicht zu sich. Johannes freute sich, als seine Jünger ihn verließen und Jesus nachfolgten. Er liebte Jesus! Wer in Gottes Geboten wandelt, der liebt. Denn er zieht durch seinen Gehorsam seine Brüder und Schwestern in Gottes Wege hinein, und das ist wahrhaftige Liebe. Und solche Liebe siegt zuletzt doch und wird anerkannt, auch wenn sie ihr Leben lang als Härte verschrien wurde. Jede Freundschaft, die nicht auf diesem Boden steht, ist Feindschaft. Überhaupt, Freundschaft zu pflegen, ist einer der schwierigsten Punkte. Da braucht man viel Gnade und Weisheit von oben. Die wenigsten können sagen wie jener Kirchenvater von sich und seinem Freund: „Wir sprachen nur über zwei Dinge: über Gott und über sein Wort“.
Liebe ist Leben! Ohne Liebe lebt man nicht. Liebe ist der Anfang und das Ende unseres Lebens. Liebe ist das Licht und der Wärmequell der Seele. Nur wo die Liebe erwacht, stirbt das Ich, das finstere Wesen. Liebe ist das Band der Vollkommenheit. Liebe ist das Gebot, das der Herr den Seinen gegeben hat. Denn er ist ja vor allem der Gott der Liebe. Zieht an als die Auserwählten Gottes herzliches Erbarmen! (Kol. 3:12). Die Korinther wollten gerne etwas Außerordentliches sein, und da zeigt ihnen Paulus einen außerordentlichen Weg, der heißt: Die Liebe erträgt alles, sie glaubt alles, sie hofft alles, sie duldet alles (1.Kor. 13:7). Nicht einiges, sondern alles! Und dazu haben wir alle Gelegenheit. Der Glaube ist der Anfang und die Liebe das Ziel des Lebens. Beide stammen aus Gott und führen zu Gott.
Liebe führt zu Leiden. Die Liebe brachte Jesus ans Kreuz.