Eine tiefere Erfahrung

Als ich im September zur Schule zurückkehrte, fiel mir der große Mangel an Geistlichkeit unter den Gliedern unserer Fakultät, die sich zu den Christen zählten, besonders auf.

Schon nach wenigen Wochen bildeten fünf Studenten von uns eine private Bibelklasse. Jeden Sonntag hielten wir in einem unserer Zimmer Besprechungen ab. Unsere Bibelklasse machte gute Fortschritte und bald begann ein reges Studium über den Gegenstand, der uns am wichtigsten erschien: Die Heiligung. Bald suchte jeder von uns, diese köstliche Erfahrung zu erlangen, aber es ging uns wie Apollos (Apg. 18:26). Wir brauchten jemand, der uns den Weg Gottes noch genauer auslegte.

Während der Monate, die meiner Erfahrung in meinem Heimatdorf folgten, fiel ich wohl über hundertmal auf meine Knie und bat den Herrn, mir die Erfahrung der Heiligung zu schenken. Oft glaubte ich, bereits meinen Herzenswunsch erreicht zu haben, aber etwas schien im Wege zu sein. Das Einzige, was ich bei sorgfältiger Prüfung als Ursache des Hindernisses fand, war meine Haltung in der Gemeindefrage. Ich dachte, dies sei doch nicht so sehr wichtig, und da Gott wisse, dass sonst alles seinem Willen übergeben sei, könne er doch mein Flehen erhören.

Über die Stelle Joh. 15:5, wo es heißt: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“, hatte ich die Meinung, die Reben oder Zweige seien die verschiedenen Gemeinden oder Konfessionen. Da nun Jesus die Einheit des Volkes Gottes so oft betonte, dachte ich, zur gegebenen Zeit würde Gott den heiligen Männern und Frauen den Auftrag geben, all diese Gemeinden und Konfessionen zu erneuern, und es würden dann alle die hinausgestoßen werden, welche dem Maßstab des Wortes nicht genügten. So würde es dann nur heilige Gemeinden geben.

Das Weihnachtsfest stand bevor und ich fuhr nach Hause, um die Weihnachtsferien bei meinen Angehörigen zu verleben. Bei meiner Ankunft erfuhr ich, dass wenige Meilen von unserem Ort entfernt Erweckungsversammlungen abgehalten wurden. Nachdem ich einige Predigten über die Gemeindefrage gehört hatte, sah ich die Gemeinde, wie Gott sie uns in seinem Wort zeigt. Nun war es nicht schwer, geleitet vom Heiligen Geist, die Einheit des Volkes Gottes zu sehen, für die Jesus in Joh. 17:20-23 betete. Ich wusste jetzt: Wenn meine Sünden vergeben waren, war ich nicht nur wiedergeboren (Joh. 3:7), sondern war auch durch die geistliche Geburt in die Gemeinde versetzt, von der Jesus sagte, er würde sie bauen (Matth. 16:18; Apg. 20:28). Nun wusste ich auch: Wenn Jesus sagt: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben“, dann meint er, dass jeder seiner wahrhaftigen Nachfolger eine Rebe an ihm ist.

Noch ein Weiteres hatte ich nun gelernt: Mein Wunsch war, beim Erleben der Heiligung vor Freuden jauchzen zu können. Aber nun war ich bereit, diese Erfahrung zu machen, ohne auf die äußeren Offenbarungen soviel Wert zu legen.

Nachdem nun auch die letzte Schwierigkeit aus dem Weg geräumt war, war es mein Vorrecht, aufgrund des Wortes Gottes die herrliche Erfahrung der Heiligung für mich in Anspruch zu nehmen. Ich wusste es so genau, dass meine Hingabe an Gott vollkommen und auch seinem Willen gemäß war, dass ich mit völliger Gewissheit sagen konnte: „Ich bin geheiligt“. Nun drängte sich mir die Frage auf: „Woher weißt du, dass du geheiligt bist?“ Ich aber sagte: „Das Wort Gottes sagt es.“ Auch der Heilige Geist bezeugte mir meine Erfahrung. Wenn auch kein freudiges Jauchzen von meinen Lippen kam, war doch ein bestimmtes Gnadenwerk an mir geschehen, ebenso wie es bei meiner Bekehrung gewesen war, die ich einige Jahre zuvor hatte erleben dürfen. Von nun an erschien die Bibel mir als ein ganz neues Buch und größere Freuden und Segnungen erfrischten meine Seele.

Als ich einige Tage später wieder in der Schule war, freuten sich die anderen Mitglieder unserer privaten Bibelklasse über meinen Bericht von der herrlichen Erfahrung, die ich gemacht hatte. Als wir dann allein im Studierzimmer waren, sagte einer von ihnen: „Bruder Byrum hat die Erfahrung erlangt, nach der wir uns alle so sehnen. Lasst uns nun fleißig zum Herrn flehen und Bruder Byrum bitten, uns alle nötigen Aufklärungen zu geben, damit auch wir die Erfahrung empfangen.“ Ernste Gebete stiegen nun zum Himmel empor und es wurden viele Fragen gestellt. Dann aber empfingen zwei jener Studenten ebenfalls diese herrliche Gabe und wurden mit dem Heiligen Geist erfüllt. War das eine Freude in jenem Zimmer!