Die Lagerversammlung in Bangor

Am 7. Juni 1889 endete das Universitätsschuljahr und am nächsten Tag brach ich zur Lagerversammlung in Bangor, Michigan, auf. John E. Mayne, einer meiner Studiengenossen, begleitete mich. In meinem Heimatdorf hielten wir für wenige Stunden an. Kurz nach der Abfahrt trafen wir im Zug meinen Vetter, H. C. Wickersham, und noch andere, die das gleiche Ziel wie wir hatten. In Kalamazoo, Michigan, blieben wir über Nacht. Zu jener Zeit sagte man, dass Kalamazoo das größte Dorf der Vereinigten Staaten wäre.

Am anderen Morgen fuhren wir 29 Meilen westwärts nach Grand Junction, wo ein Wagenwechsel stattfand. Dadurch hatten wir zwei weitere Stunden Aufenthalt. Grand Junction war nur ein kleines Dorf mit etwa 150 Einwohnern. Nur drei Geschäfte und eine Schmiede waren vorhanden. Einst war es eine wohlhabende kleine Stadt gewesen, die von reichen Bauholzlagern umgeben war. Aber nun waren die Wälder dahin und Kiefernstumpen sowie große, halbverbrannte Baumäste gaben dieser sandigen Landschaft jetzt ihr Gepräge. Viele Zäune waren gebaut worden, indem Leute jene Kiefernstumpen ausgerodet und sie in langen Reihen um ihre Felder gesetzt hatten.

Als ich meinen Blick vom Bahnhof aus über einen offenen Platz schweifen ließ, sah ich ein Fachwerkhaus, das zwei Stockwerke hatte. Einst war sein Anstrich weiß gewesen, nun aber war das Haus durch den Einfluss des Wetters sehr mitgenommen und baufällig geworden, so dass es mitsamt den großen Unkrautstauden, die ringsherum standen, keinen einladenden Eindruck machte. Ich sagte: „Hoffentlich hat der Zug gute Verbindung, wenn wir nach Hause fahren, denn hier sieht es sehr ungemütlich aus.“ Es schien, als wären wir am Rande der Zivilisation angelangt. Der Zug kam und bald waren wir am Ziel.

In einem Hain stand ein Versammlungshaus aus Holz sowie einige kleine Fachwerkhäuser. Hier versammelten sich nun einige Hundert Leute zum Gottesdienst. An Sonntagen waren es oft über 2000 Seelen, die unter Gottes Wort kamen. Wenn sie ihre Lieder sangen, schien der Wald von dieser himmlischen Musik erfüllt zu sein, und mancher Mund öffnete sich in Lob und Dank gegen Gott. Die meisten der Anwesenden gehörten der einfachen Bevölkerungsschicht an und waren teils aus der Umgebung, teils auch aus den angrenzenden Staaten herbeigeeilt.

Die Gottesdienste dauerten zehn Tage an. Die Prediger verkündigten das wahre Evangelium, und Erinnerungen an das, was ich von den Lagerversammlungen der Pioniere früherer Tage gelesen hatte, stiegen in mir auf. Die Predigten waren trotz aller Einfachheit klare Kundgebungen des Heiligen Geistes. Ich hörte mächtige und wichtige Worte und nach jedem Gottesdienst suchten und fanden viele Seelen Hilfe von Gott für Leib und Seele. Auch wurde ich hier zum ersten Mal Zeuge, wie durch die gewaltige Hand Gottes ein Mensch von bösen Geistern befreit wurde. Hier traf ich auch zum ersten Mal mit D. S. Warner zusammen, der damals der Schriftleiter der „Evangeliums Posaune“ war, die in englischer Sprache herausgegeben wurde. Er war einer der Hauptredner.