Mein Ruf und meine Übergabe

Langsam vergingen die Jahre bei meiner schweren Landarbeit. Noch fünf Jahre musste ich warten, ehe einer meiner jüngeren Brüder alt genug war, um die Leitung des Hofes zu übernehmen. Da ich keine Gelegenheit sah, die Farm schon einige Jahre früher zu verlassen, um mir die notwendige Bildung anzueignen, war ich bereits so entmutigt, dass ich mich mit der Absicht herumtrug, Bauer zu bleiben, obwohl ich oft den Zug zur Evangeliumsarbeit in mir spürte. Aber es kam anders. Eines Tages, als ich auf dem Feld war und ackerte, bekam ich einen bestimmten Ruf vom Herrn, für ihn zu arbeiten. Ich war in einer Gegend aufgewachsen, die fast noch nicht von der Kultur berührt worden war und wusste nicht, dass es außer dem Predigtamt und der Afrika-Mission noch andere Aufträge gab. Die Bibel war meine einzige Richtschnur. Ich dachte daran, dass auch Elisa seinen Ruf vom Herrn bekam, als er auf dem Feld war und pflügte, konnte aber nicht erkennen, dass sein Fall dem meinen ähnlich sei. Ich versuchte nun, Gott zu überzeugen, dass ich nicht fähig sei zu predigen. Ich sagte ihm, dass mein Wissen noch zu gering wäre und meine Sprache zu schlecht sei, um öffentlich zu reden. Und wenn ich nach Afrika gehen sollte, müsste ich doch noch eine andere Sprache erlernen. Doch wenn ich meine Muttersprache so schlecht beherrsche, wie könne ich mir dann eine fremde Sprache aneignen?

Geduldig schien der Herr mein Flehen zu hören. Dann gab er mir einfach und freundlich zu verstehen, dass ich ihm nur folgen solle. Währenddessen war ich mit meinem Gespann am Ende des Feldes angelangt. Ich kniete mich in der Furche nieder und flehte zu Gott, er möchte mich doch freilassen und einen Besseren wählen. Ich erhob mich dann und begann von neuem, das Feld zu pflügen. In der Mitte angelangt, kniete ich abermals in einer Furche nieder und flehte wie vorher, um nach kurzer Arbeit zum drittenmal meine Bitte Gott vorzutragen. Ich rief: „Nimm einen anderen, Herr, ich kann nicht predigen, ich kann auch nicht nach Afrika gehen.“ Dabei erinnerte ich mich, wie Mose, Gideon und andere in ähnlicher Weise um Befreiung von ihrem Auftrag gefleht hatten. Anstatt dass ihre Bitte gewährt wurde, wurden sie von Gott umso mehr gebunden und er ermutigte sie mit dem Hinweis, in allen ihren Unternehmungen mit ihnen zu sein.

Mit dem göttlichen Auftrag kam das große Verlangen, so schnell wie möglich zur Schule zu gehen, um mich für meine künftige Arbeit in der rechten Weise vorzubereiten. Jedoch die Schwierigkeiten, diesen Plan schon in den nächsten Jahren zu verwirklichen, schienen unüberwindlich. Meine Lage wurde verzweifelt. Konnte ich meine Untüchtigkeit mehr als Mose fühlen, als er Gott seine Unfähigkeit und schlechte Redegewandtheit klagte? Konnte Gott nicht für mich einen Menschen erwählen, der reden konnte, wie er Aaron erwählte, um für Mose zu sprechen? Der Wunsch meines Herzens war, unter allen Umständen Gott gehorsam zu sein. Noch hatte er mir ja nicht den direkten Auftrag gegeben, zu predigen oder nach Afrika zu gehen. Nach vielen Gebeten und ernstem Flehen hatte ich eine vollständige Übergabe gemacht. Ich war nun gewillt, zu predigen oder auch als Missionar zu den Heiden zu gehen oder irgendeine Arbeit zu tun, die der Herr mir auftrug, und mein Wunsch war, dass er mir die Wege bahnen möchte. Eine wunderbare Ruhe kam über mich und meine Last war dahin.

Eine Möglichkeit, eine Zeitlang von meinen Pflichten entbunden zu werden, bestand auch jetzt noch nicht, denn meine Angehörigen wünschten keine fremde Person an meiner Statt. Am Tag nach diesem herrlichen Erlebnis kam mein Bruder F. zu mir aufs Feld. Seine Frau war vor einigen Monaten gestorben. Er erzählte mir, dass er seinen Hof verkauft hätte und wenn möglich zu mir ziehen wolle, um mich bei meiner Arbeit zu unterstützen. Dies war meine Gebetserhörung! Ich sagte ihm, er könne sogleich die ganze Farm übernehmen, damit ich zur Schule gehen könne, und versicherte ihm, dass alle Angehörigen mit diesem Wechsel einverstanden wären und ich wüsste, dass er sie aufs Beste versorgen würde. Dem Streben, mich für meine zukünftige Arbeit vorzubereiten, stand nun nichts mehr im Wege. Eine Woche nach dem Tag meiner Übergabe auf dem Feld befand ich mich schon in der Schule. Die Veränderung war so plötzlich und unerwartet, ja wie ein Wunder gekommen, dass es nicht schwer war, die Hand des Herrn in der ganzen Sache zu erkennen.