Die Krone

„Nun aber bleibt Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größte unter ihnen“ (1.Kor. 13:13).

Man hat hier einen Widerspruch finden wollen. Ach, wie viele sind darauf aus und verstehen überall Widersprüche zu finden. Hier soll ein Widerspruch sein gegen das Wort: „Wir wandeln im Glauben und nicht im Schauen“ (2.Kor. 5:7). Der Widerspruch soll darin bestehen, dass der Apostel an jener Stelle gesagt haben soll: Wenn wir zum Schauen gekommen sind in der Herrlichkeit, dann hört der Glaube auf. Und hier sagt er, der Glaube bleibt. Was will denn Paulus an jener anderen Stelle sagen? Er will doch nur den Gegensatz zwischen Glauben und Schauen betonen. Hier auf Erden wandeln wir ohne zu schauen. Hier geht es aus Glauben im Glauben, ohne dass wir schauen. Aber es kommt einmal die Zeit, da werden wir ihn sehen von Angesicht zu Angesicht. Und hier sagt er, der Glaube bleibt. Ich weiß nicht, wie es kommt, aber ich kann hier gar keinen Widerspruch finden. Ich finde hier vollkommene Harmonie. Was ist das Wesen des Glaubens? Vertrauen. Wir wandeln im Glauben, das heißt: Wir vertrauen dem Herrn. Wir sehen ihn zwar nicht, aber wir vertrauen ihm. Und wenn wir ihn sehen werden, dann vertrauen wir weiter, völliger, inniger. Wir vertrauen. Man kann auch sagen: Glauben heißt, mit dem Herrn in Verbindung zu stehen. Gut. Wir stehen hier mit dem Herrn in Verbindung. Und wir werden in der Herrlichkeit mit dem Herrn in Verbindung stehen.

Der Glaube bleibt und die Hoffnung bleibt auch. Hier soll nun wieder ein Widerspruch sein, und zwar gegen das Wort: „Die Hoffnung, die man sieht, ist nicht Hoffnung“ (Röm. 8:24). Aber es geht mit diesem Widerspruch wie mit dem vorhin. Jetzt leben wir in der Hoffnung auf das, was kommen wird. Und wenn wir das erlebt und in Besitz genommen haben, dann ist es nicht mehr Hoffnung. Aber werden wir am Throne der Ewigkeit gleich alles in Besitz nehmen? Werden wir da alles mit einem Blick überschauen? Werden wir am ersten Tag alles kennen? Sicher nicht. Sondern da werden wir immer tiefer hineinblicken in das Meer der Gnade, da werden wir immer mehr staunen über den großen Gott, über den herrlichen Heiland, da wird es von Offenbarung zu Offenbarung gehen. Es wird von Herrlichkeit zu Herrlichkeit gehen. Das will der Apostel sagen. Auch im Himmel ist man nicht an einem Tage mit allem fertig. Sondern da geht es auch nach dem Wort des Herrn an den Nathanael: „Du wirst noch größeres denn das sehen“. Da wird sich ein wunderbares, himmlisches Leben entfalten. Da wird ein heiliger Dienst von uns geschehen. Da werden wir große Aufgaben auszuführen haben. Da geht es von Stufe zu Stufe. Darum sagt Paulus: Die Hoffnung bleibt und die Liebe bleibt.

Aber die Liebe ist die größte unter ihnen. Die Liebe ist der größte Grundton auf den Harfen der Ewigkeit. Die Liebe ist das Band der Vollkommenheit, das die Scharen der Seligen umschlingt. Die Liebe ist die größte unter ihnen. Glaube und Hoffnung sind nicht wertlos. Wer denkt daran, das zu sagen? Aber sie sind nichts ohne Liebe. Es fehlt ihnen das Herz, wenn ihnen die Liebe fehlt. Was geschieht im Himmel? Im Himmel wird geliebt. Der Liebe gebührt die Krone. Die Liebe ist die Königin. Die Liebe ist das Herz und das Ziel des Christentums für Zeit und Ewigkeit! Liebst du?

Was wird nun das Resultat dieser Betrachtung sein, die du gelesen hast? Wirst du sie aus der Hand legen und sagen: „Schön!“ Dann war sie für dich umsonst geschrieben. Weißt du noch, was ich vom Herrn erfleht habe für dich, liebe Seele? Ich bat den Herrn, er möge dir geben, dass du „wandelnde Liebe“ wirst! Wenn man in deinem Hause, in deiner Familie nicht merkt, dass du diese Betrachtungen gelesen hast, dann hast du die Zeit verloren, die du mit dem Lesen derselben zugebracht hast. Und ich die Zeit, die ich aufs Schreiben derselben verwendet habe.

O wie schön wäre das, wenn deine Frau dich nach einigen Tagen fragte: „Sage einmal, lieber Mann, wie kommt das? Du bist seit einigen Tagen so anders geworden, so freundlich und so liebevoll“. Nicht wahr, das wäre schön? Und du, liebe Frau, würdest du dich nicht auch freuen, wenn dein Mann merkte, dass du anders geworden, als zuvor? Kann das der Fall sein? Ja, es kommt nur auf dich an. Gott will, dass allen Menschen geholfen werde. Komm, mach das Buch jetzt zu und fall auf deine Knie. Sag dem Herrn: „O Herr, ich war so ein Stürmer im Leben. Wie wenig habe ich geliebt. Ich kann nicht lieben. Aber du hast Liebe und du bist Liebe. O Herr, ich räume dir mein Herz. Erfülle du mein Herz ganz und gar. Ich will dir den Platz auf dem Thron geben. Du sollst mein Herz erfüllen und mein Leben regieren. Ja, Herr, nimm Besitz von meinem Herzen, dass ich lerne, als wandelnde Liebe durchs Leben zu gehen, voll Liebe zu meinen Angehörigen und Freunden, voll Liebe auch zu meinen Feinden. Dass ich nicht mehr anders kann als lieben, lieben, lieben.“

 Willst du das sagen? Willst du dich so dem Herrn hingeben? Dann wird er es fertig bringen, was er gern bei dir erreichen möchte: Dass du in allen Verhältnissen dich erweisest und bewahrst als „wandelnde Liebe“.