Freundlichkeit

„Die Liebe ist freundlich“ (1.Kor. 13:4).

Von dem Kommen Jesu sagt der Apostel Paulus: „Da aber erschien die Freundlichkeit und Leutseligkeit Gottes, unsers Heilandes“ (Tit. 3:4). Jesus war die Freundlichkeit selbst, die Leutseligkeit in Person. Darum geben ihm alte arabische Sagen den schönen Beinamen Freundlichkeit. Kann man dich auch so nennen? Zeigt auch dein Wesen gegen Freund und Feind die Freundlichkeit deiner Liebe? Freundlichkeit ist die Liebe im Verkehr der Menschen untereinander. Freundlichkeit ist die Liebe des Herzens, wie sie sich in unserem Gesicht, in unserem Benehmen und Betragen darstellt und ausprägt.

Bist du zu Hause freundlich? Da wird es zuerst offenbar, ob du freundlich bist oder nicht. Im Laufe des Tages, im Verkehr mit anderen Menschen nimmt man sich wohl zusammen. Aber zu Hause lässt mancher sich gehen. Da gibt es dann unfreundliche Worte. Da lässt man seinen Launen die Zügel schießen. Ach, steht es bei dir vielleicht auch so? Darf ich einmal deine Frau nach dir fragen, lieber Bruder? Wie lautet ihr Urteil und Zeugnis? Muss sie klagen, wie ich es schon gehört habe: „Ach, sie sollten mal hören, wie mein Mann zu Hause ist. Da ist er ein ganz anderer als in der Versammlung. Da bekomme ich die allerschönsten Vorwürfe, oder er spricht aus Zorn zu mir wochenlang nicht ein vernünftiges Wort, als barsche Anschreiungen oder verschiedene Beschuldigungen, sogar dass meine Eltern mich so dumm erzogen haben. Und wenn das nicht zulangt, dann gibt es noch Schläge. Oh, was hab ich nur für ein schweres Leben, dass ich es schier nicht ertragen kann!“ Da kommt es nun bei solchen so weit, dass einer zum anderen sagt: „O, wenn ich dich lieber nie gesehen hätte!“ O, was für eine Unfreundlichkeit herrscht unter Mann und Frau, die noch sogar Gemeindeglieder sind!

Oder darf ich dein Dienstmädchen einmal fragen nach dir, liebe Schwester? Wird es am Ende sagen: „Ach ja, wenn Besuch kommt, dann ist meine Frau sehr freundlich, aber wenn der Besuch weg ist, dann sollten Sie sie mal sehen.“ O, das ist eine falsche Freundlichkeit, die sich nur im Verkehr mit höher Gestellten äußert, von der aber die Untergebenen nichts merken. Von solcher Freundlichkeit ist hier keine Rede, denn sie kommt nicht aus dem Herzen, sie kommt aus dem Kopf, sie entflammet der Berechnung. Nur die Freundlichkeit ist echt, die aus einem Herzen voll Liebe hervorgeht. Nur solcher Freundlichkeit kann man sich anvertrauen. Bei der Freundlichkeit der Welt hat man das unangenehme Empfinden: Wenn du jetzt den Rücken drehst, dann geht es über dich her, sie sind nur freundlich ins Gesicht.

Die Liebe ist freundlich. Sie sucht keine Gelegenheiten und macht keine Gelegenheiten. Sie benutzt nur die Gelegenheiten, die sich immer wieder bieten, um Freundlichkeit zu erweisen. Ja, an Gelegenheiten dazu fehlt es nicht. Ich denke dabei an die Versammlungen der Kinder Gottes. Da gehört es mit zur Freundlichkeit, dass man nicht stets und fest auf seinem Eckplatz sitzen bleibt, so dass später Kommende sich nur mit Mühe vorbeizwingen müssen. Die Freundlichkeit macht bereitwillig Platz, damit der Ankommende einen guten Platz bekommt. Die Freundlichkeit reicht auch dem später Gekommenen das aufgeschlagene Liederbuch, damit er nicht erst fragen muss, welches Lied gesungen wird. Oh, die Versammlungen bieten Gelegenheiten genug, Freundlichkeit zu erzeigen. Und wie ganz anders ist der Eindruck auf Unbekehrte, die in die Versammlungen kommen, wenn sie sofort mit Freundlichkeit empfangen oder begrüßt werden.

Oder du bist irgendwo zu Gast. Die Hausfrau hat sich Mühe gegeben, ein besonders gutes Essen auf den Tisch zu bringen. Wie wohl wird es ihr tun, wenn du ihre Mühe anerkennst und ein freundliches Wort über ihre Speise sagst. Das ist keine Schmeichelei, wie es in der Welt leider Mode ist, sich Schmeicheleien zu sagen. Das ist eine kleine Freundlichkeit. Und sieh, so hast du, wenn du nur die Augen aufmachst, Gelegenheiten genug, Freundlichkeit zu erzeigen. Ein freundliches Wort kostet kein Geld. Ein freundlicher Blick kann schon eine Seele aufheitern und ermuntern. Die Liebe lässt sich solche Gelegenheiten nicht entgehen. Sie schaut danach aus, sie stolpert nicht daran vorbei, sondern sie beachtet die Gelegenheiten und benutzt sie. Oh, wie wird das Leben so viel schöner, wenn die Sonnenstrahlen der Freundlichkeit es erhellen! Eine Blume, die du einem Kranken mitbringst, eine Apfelsine, das kostet nicht viel. Und doch sind solche kleine Freundlichkeiten wertvoll. Darum möchte ich es dir heute in dein Gedächtnis schreiben, dass du es nie mehr vergessen könntest: Die Liebe ist freundlich.