Vom Geiz

Der Hauptfeind des christlichen Lebens ist das „Sparen“ für sich, sein Alter oder seine Kinder. So oft schon hat der Teufel aus diesem so unschuldig klingenden „Sparen“ eine Schlinge gedreht, dass viele überhaupt nicht mehr zum Geben gekommen sind. Auch wer keine Altersversicherung hat, also mit Recht an alte Tage denken muss, sollte doch immer noch etwas für Gott und sein Reich übrig haben. Mancher hat sein Leben lang gegeizt, wollte auch keine Wohltätigkeit ausüben, kam auch zu einem großen Vermögen. Da machte eines Tages die Bank bankrott, und alles war verloren. Die an und für sich so schändliche Inflation war für viele, die ihr Leben lang gegeizt hatten, eine wohltuende Korrektur Gottes. Unter der Maske des bescheidenen Sparens verbirgt sich oft das gefährliche Reichwerdenwollen. Da mahnt uns Jesus so ernst: „Seht zu und hütet euch vor dem Geiz; denn niemand lebt davon, dass er viele Güter hat“ (Lk. 12,15).

Wenn das Geben der Gradmesser für lebendiges Christentum sein würde, dann kämen viele Christen schlecht weg. Samuel Keller behauptete einmal, dass viele evangelische Haushaltungen, ja ganze Stadtgemeinden mehr für Streichhölzer ausgeben als für die Mission. Die Zahl der eigentlichen Geber ist eben verschwindend gering. Wie ernst meinte Jesus: „Seht zu und hütet euch vor aller Habsucht! Denn auch wenn jemand Überfluss hat, besteht sein Leben nicht aus seiner Habe“ (Lk. 12,15, Elbf. Ü.).

In einer Predigt über den Geiz sagt J. Vetter: „Was ist der Geiz? Es ist vor allem eine große Narrheit“ – siehe die Geschichte von dem reichen Kornbauer („... du Narr!“). Dieser Mann dachte nur an irdischen Gewinn und wie er seinen Gewinn gut bewahren könne. An große Dinge wie Tod, Ewigkeit und Gericht dachte er nicht. So gibt es Tausende und Zehntausende. Sie wollen viel haben, viel ergreifen, viel besitzen. Sie wollen reich werden, koste es, was es wolle. Das ist der Geiz.“

Ferner ist der Geiz eine Abgötterei. Paulus befiehlt den Kolossern: „Tötet nun ... “ (Kol. 3,5). Wen sollten sie töten? Unter den fünf Ungeheuern nennt er auch den Geiz oder die Habsucht. Viele beten den Mammon an. In einer amerikanischen Weltausstellung lag unter einer Glasglocke ein Dollar; er trug die Aufschrift: „Der Gott der Amerikaner“. Das Geld ist nicht bloß der Gott der Amerikaner, sondern auch der Engländer, der Franzosen, der Deutschen, der Schweizer und aller Welt. Wie viele sind gebunden durch den Geiz! Sie sind Götzendiener, und wenn sie den Geiz nicht töten, so werden sie von Geiz getötet.

„Geldgier ist eine Wurzel alles Bösen“ (1.Tim. 6,10). Geld bringt kein Glück. Schaut auf die Übel, wie sie auch heißen mögen, sie haben ihre Ursache im Geiz. Etliche, die der Habgier folgten, „sind vom Glauben abgeirrt und machen sich selbst viel Schmerzen“ (1.Tim. 6,10). Der Geiz bringt den Menschen in einen bodenlosen Abgrund. Judas war ein auserwählter Jünger des Herrn, ein Verkündiger des Evangeliums, ein Wundertäter. Dreißig Silberlinge machen ihn, den Apostel, zu einem, von dem die Schrift sagt: „Es wäre für diesen Menschen besser, dass er nie geboren wäre“ (Mt. 26,24).

Was ist geizig? Dem Geiz hängt man einen frommen, babylonischen Mantel um. Er sieht dann ganz moralisch aus und geht unter der Losung: „Genügsamkeit und Sparsamkeit“. Irren wir uns nicht, unter dieser Maske wandeln viele Geizhälse. Wer ist geizig? Nun, der, dessen Trachten nach Reichtum geht. Ein Christ soll nach der Gerechtigkeit Christi trachten, er soll suchen, was droben ist. Für welche Welt lebst du, für die sichtbare oder unsichtbare? Geizig sind die, die sich ärgern, dass man vom Geiz spricht. Der Wunde ihres Lebens ist getroffen.

Und die Folgen des Geizes? Der Geiz ruiniert das innere Leben. Der Geizhals ruiniert sich selbst. Er ruiniert das Beste, was Gott ihm gab: seine Seele. Die schlimmste Folge aber erlebt der Geizige in der Ewigkeit. Vom Geiz erfüllt mit Finsternis wird er ein Triumph des Todes und  der Hölle. Nur Jesus kann vom Geiz erlösen. Er ist der große Befreier. „Wenn euch nun der Sohn frei macht, so seid ihr wirklich frei“ (Joh. 8,36). Der Befreite ist zufrieden mit Nahrung, Kleidung und Obdach. Er hat jetzt an seinem Gott genug.

Das Geld kann für uns ein Mittel werden zur Verherrlichung Gottes und zur Ausbreitung seines Reiches. Du darfst Geld haben, aber dein Herz darf nicht am Geld hängen. Es ist ein Unterschied, ob wir das Geld besitzen oder ob das Geld uns besitzt. Pestalozzis Wahlspruch, den er schon als Junge gewählt hatte, lautete: „Alles für andere, für mich nichts!“