11. Lärmen des Riesen Zweifel

Frage: Zweifel, Zweifel, Zweifel! Eine ganze Schar derselben umschwirren mich immer – schlimmer als Hiobs leidige Tröster. Was soll ich mit ihnen anfangen? Ich möchte sie davonjagen, aber es scheint, ich kann es nicht. Sie bereiten mir viel Unruhe. Besonders plagen sie mich betreffs meiner völligen Weihe, wie auch betreffs meiner völligen Reinigung. Ich fürchte mich, kühn hervorzutreten und zu erklären, dass ich glaube, ich besitze jetzt völliges Heil durch Christus. Die Worte stocken mir auf den Lippen, wenn ich versuche, sie auf den gegenwärtigen Augenblick anzuwenden. Ich weiß auch, dass diese Zweifel Gott entehren, der so große und herrliche Verheißungen gegeben hat. Könnt ihr mir eine Unterweisung geben, was ich mit den Zweifeln anfangen soll? Wie habt ihr sie überwunden? Bitte helft mir im Namen Jesu!

Antwort: Pilger Aufrichtig wohnt, wie ich vernahm, in einem der besten Teile Kanaans. Er hat mit dem alten Riesen Zweifel einen großen Zusammenstoß erlebt; so lass uns ihm einen Besuch abstatten. Wir sind dem alten Riesen bereits begegnet, und müssen sagen: Wenn es in Kanaan noch einen schlimmeren Riesen wie er gibt, dann möchten wir mit ihm nicht unbedingt zusammentreffen. Der Pilger Aufrichtig mag uns von ihm etwas erzählen, das uns von Nutzen sein wird.

Hier sind wir schon bei Aufrichtigs Wohnung angelangt. Zweifellos hat er über den Riesen Zweifel den Sieg errungen. Denn so einen Schild des Glaubens wie den Seinigen habe ich nie zuvor gesehen.

– Pilger Aufrichtig, wir haben schon mit manchen Pilgern und Bewohnern Kanaans gesprochen, und nun sind wir gekommen, um dich kennenzulernen. Bitte erzähle uns etwas, das uns helfen wird, ein Heim in Kanaan zu gewinnen. Wir haben viele arme Pilger getroffen, die uns klagten, immer noch keinen festen Sitz in Kanaan gefunden zu haben. Da und dort sind sie von diesem oder jenem alten Riesen umhergetrieben worden. Es liegt uns sehr daran, auf unsrem Weg in Kanaan keine Niederlage zu erleiden.

– Wenn ihr Immanuel alle Ehre geben wollt und nicht mir, dann will ich euch meine Erfahrungen erzählen, wenigstens einige davon. Es gibt in Kanaan viele Riesen, sehr viele. Da ist der Riese Böse-Lust, der Tausende erschlagen hat. O die armen Seelen! Dann der Riese Aufgeblasen, der die Pilger veranlasst, so töricht zu sein wie jene Kröte, die einen Elefanten sah und platzte, als sie versuchte, sich ebenso groß zu machen wie er war. Ferner der Riese Schlafsucht, der in einer Höhle, die direkt in Ägypten ausläuft, eine Schlafmittelfabrik betreibt. Der Riese Habsucht, der die Pilger in die Silbergrube lockt, die von Bileam und Demas geführt wird. Der Riese Stolz; ein böser Riese, der die Pilger zeitweise ganz unsinnig geplagt hat. Der Riese Lügner, der über eine Unmenge Nebel und Rauchwolken verfügt, um sie uns ins Gesicht zu blasen; und noch andere Riesen (Gal. 5:19-21).

– O weh, du erschreckst uns ja fast, indem du so viele Riesen aufzählst. Kann es denn sein, dass wir gegen sie alle zu kämpfen haben? Ist das nicht das Land der Ruhe?

– Meine lieben Pilger, das ist das heilige Land, ein Land der Ruhe. Hier ist die wahre Ruhe. Aber bedenkt, Kanaan hat seine Riesen, und zwar mehr als die Wüste. Die wahre Ruhe besteht darin, dass man diese Riesen überwindet. Fürchtet euch nicht, schaut nur eure Rüstung an, die ihr bekommen habt.

– Aufrichtig, die Rüstung ist schon gut, aber wir zweifeln an uns selbst. Können wir das Schwert und den Schild auch gebrauchen, wie sie gebraucht werden sollten?

– Aber sicher könnt ihr das. Als ich nach Kanaan kam, war ich so schwach, dass ich beim Kämpfen beinahe mein Leben verloren hätte.

– Erzähle uns davon.

– Vor ungefähr fünfundzwanzig Jahren betrat ich Kanaan. Das war ein bedeutungsvoller Tag für mich. Endlich lag die lange Reise durch die Wüste hinter mir; die tiefen, weiten Wasser des Jordans waren durchquert. Kanaan war mein! Ich pries Immanuel und fing an, das Land in Besitz zu nehmen (Jos. 1:2-3).

Nicht lange danach traf ich einen mageren, weißbärtigen Mann mit Namen Gesetzlich. Er sagte, er sei mein Freund. Er schaute so ehrwürdig und aufrichtig drein, wenn er mir auch etwas hart und starr zu sein schien. „Nun, Freund Aufrichtig“, sagte er, „ich habe hier etwas, das dir eine Hilfe sein wird, sicher und gerade voranzuschreiten“, und damit zog er mit eine sonderbare Jacke über den Kopf und schnallte sie um die Hüften eng zusammen (Gal. 5:1).

– So, diese Jacke passt dir sehr gut, – sagte er. – Du bist nun in Kanaan und musst jetzt ganz gerade und sorgfältig wandeln. Wenn du auch nur einen kleinen Fehler machst, wirst du, fürchte ich, schrecklich bestraft werden. Aber diese Jacke wird dich in die Lage versetzen, allem, was nicht gut ist, fern zu bleiben. – und dann verließ er mich.

Mir war alles willkommen, das mir eine Hilfe sein sollte; so behielt ich die Jacke an. Aber sie belästigte mich ziemlich. Sie war aus starren Eisenstäben gemacht, die mit einen rauen Haartuch verbunden waren. Beides stammte, wie Herr Gesetzlich sagte, von einem Herrn Übergewissenhaft, der in der Stadt Feinempfindung wohnt.

Jede Bewegung, die ich machte, wurde durch diese Jacke gehemmt. Nach und nach bildeten sich wunde Stellen, wo die Enden der Stäbe ins Fleisch drückten. Einmal traf ich Herrn Gesetzlich und sagte ihm, wie schlecht ich mich in der Jacke fühle. Aber er sagte, dem sei abzuhelfen, indem man sie enger schnalle. Oh, wie das schmerzte! Aber er meinte, es sei gefährlich, sie abzunehmen. So litt ich weiter. Ich konnte in keiner Sache frei handeln.

Gerade zu dieser Zeit begegnete mir der alte Riese Zweifel. Er hatte ein Buch und einen großen Bleistift bei sich.

– Setz dich hin, ich will dich einer Prüfung unterziehen! Das ist meine Aufgabe, – sagte er. – Mein Herr hat mich beauftragt, diese Arbeit zu tun.

In meinem Innern sagte mir etwas, dass dies ein Feind sei; aber er sprach mit so einer Autorität, dass ich doch nachgab und mich hinsetzte. Und er begann:

– Wie fühlst du dich?

– Ich fühle mich gerade jetzt nicht sehr wohl, – sagte ich.

– Das dachte ich mir. Ohne Zweifel ist mit dir etwas verkehrt. Hast du einen festen Sitz in Kanaan gewonnen?

– Nein, – erwiderte ich.

– Du wirst es auch nie tun können; zumindest bestehen darüber große Zweifel. Es ist meine Pflicht, sicherzustellen, dass die Pilger das Land in Besitz nehmen. Hast du deinen Gedenkstein aufgerichtet?

– Ja, ich trug mitten aus dem Jordan einen Stein heraus und stellte ihn auf. Ich glaube, er steht noch dort.

– Dieser Stein war nicht gut; es war ein kleines, raues Felsstück. Warum hast du nicht wie Pilger Freudig einen hübschen großen Stein gewählt?

– Ich tat das Beste, was ich konnte; und es war der einzige Stein, den ich erblickte, als ich durch den Jordan ging. Ich merkte wohl, dass er nicht wie der Stein des Pilgers Freudig aussah, und auch nicht wie der des Pilgers Ehrlich.

– Er taugt nichts, er ist zu klein! Ich zweifle, ob es überhaupt Stein ist. Hast du alles Wüstengepäck jenseits des Jordans gelassen?

– Ich beabsichtigte das. Als ich über den Jordan ging, warf ich das ganze Bündel in die Flut.

– Das bezweifle ich. Ich glaube, du hast noch allerlei Wüstengepäck in deinem Besitz. Noch mehr, ich zweifle, ob du überhaupt deine ganze Last weggeworfen hast, als du durch das Rote Meer gegangen bist.

– Ich glaube, es getan zu haben, – erwiderte ich.

– Ich bezweifle es. Wie fühlst du dich jetzt? – sagte der alte Riese Zweifel.

– Ich fühle mich ganz und gar nicht wohl, schlechter als vor der Prüfung, – erwiderte ich.

– Das merke ich. Etwas ist mit dir verkehrt. Du hast eine traurige Prüfung gehabt. Es ist meine Pflicht, dich aus Kanaan herauszutragen, weil du dieses guten Landes unwürdig bist. Komm mit! – Und dabei stand er auf und kam mit ausgestreckten Händen auf mich zu. Ich zitterte heftig; aber es schien, als habe ich keine Macht, mich zu wehren. Er hob mich auf und lief mit mir weg. Gerade in dem Moment erblickte ich einen festen Pfosten mit einem oben angenagelten Schild. Ich gab mir alle Mühe, um zu lesen, was darauf stand. „Achtung!“, so fing es an, „Auf diesem Platz hat ein alter Riese mit Namen Zweifel die Gewohnheit, Pilger anzuhalten und sie einer vorgeblichen Prüfung zu unterziehen. Er gibt vor, von seinem Herrn dazu beauftragt zu sein. Diesen Auftrag hat er; aber sein Herr ist Beelzebub. Nachher trägt er die Pilger, die sich untersuchen lassen, gewöhnlich fort. Viele sind auf seinen Betrug hereingefallen. Er ist ein grausamer Riese und trägt seine Opfer nach...“ und weiter konnte ich nicht mehr lesen.

Bald bogen wir von der Hauptstraße ab und kamen in ein dunkles Tal, das Tal des Verderbens genannt.

– Lass mich los! – schrie ich.

– Nein, das will ich nicht, du taugst nicht für Kanaan,“ – erwiderte er.

Ich kämpfte und schrie mit ganzer Kraft um Hilfe. Er hielt mich jedoch fest, und das Tal wurde dunkler und dunkler.

– O Immanuel, sende mir Hilfe! O befreie mich von diesem grausamen Riesen! – schrie ich. Gerade in dem Augenblick erschien vor mir ein Lichtstrahl, der von einer Seite ins Tal hereinfiel. Als wir das Licht erreichten, sah ich ein prächtiges Gebäude seitwärts des Tales hoch oben stehen. Davon führte ein wunderbares Tal, genannt das Tal der Hoffnung, landeinwärts. Auf dem Rasen vor dem Gebäude hörte ich einige Leute singen. Entweder hatten sie gesehen, wie mich der alte Riese fortschleppte, oder sie hatten meine lauten Hilferufe gehört. Auf einmal sah ich, wie zwei von ihnen gerade auf uns zueilten (Gal. 6:2).

Der alte Riese Zweifel versuchte, schneller zu laufen, da auch er sie erblickte. Aber ein periodischer Rheumatismus schien ihn gerade jetzt zu befallen, und so kam er nur langsam voran. Die beiden Pilger, die zu meiner Befreiung rasch angelaufen kamen, hießen Tapfer und Treu.

– Du böser alter Riese Zweifel, lass den Pilger Aufrichtig gehen! – schrien sie und griffen ihn mit ihren Schwertern an.

– Aufrichtig, nimm dein Schwert und gebrauche es! – riefen sie.

In diesem Augenblick war mein Arm frei genug, um das Schwert zu ergreifen. Ich stach dem Riesen damit in die Seite, und in diesem Augenblick ließ er mich fallen und rannte, so schnell er nur konnte, davon.

– Armer Pilger, – sagte Tapfer, – wie gut, dass du gerufen hast! Wir vernahmen den Schrei. Preis und Ehre sei Immanuel! – Und Tapfer hob ehrfurchtsvoll seine Hände und Augen gen Himmel.

– Wo hat dich der alte böse Riese überwunden? – fragte Treu.

– Dort an jenem Platz, wo das Warnungsschild vor dem Riesen Zweifel angebracht ist; aber ich sah das Schild erst, als er schon mit mir davonlief.

– Ob wir wohl den Platz nicht noch besser kennzeichnen können, damit kein Pilger mehr dem alten Riesen Zweifel gestatte, seine trügerische Prüfung durchzuführen? – fragte Tapfer.

– Nein, – sagte Treu, – das ist immer wieder und wieder versucht worden. Kein anderes Zeichen, außer dem, das schon dort ist, bleibt, wenn es aufgerichtet wird.

– Was hast du da für ein Kleidungsstück an? – fragte Treu.

– Das ist eine Jacke, die mir Herr Gesetzlich anzog, – antwortete ich.

– Der listige Bösewicht! – rief Treu. – Ziehe sie aus!

Aber ich fürchtete mich, es zu tun, und sagte es ihnen auch. Sie erzählten, wie ihnen dieselbe Jacke viel Plagen bereitet habe. Ferner sagten sie, dass keiner die Jacke aufschnallen könne, als der Träger allein, da sich an jeder Jacke ein geheimes Schloss befinde, dass kein anderer als der Träger handhaben könne.

Danach ging ich wieder auf die Hauptstraße zurück. Aber das erste, was mir bewusst wurde, war, dass der alte Riese Zweifel wieder bei mir war (Mt. 14:28-31). Und er fing an, zu mir zu reden, gerade als habe er nie zuvor etwas zu mir gesagt. Ich überlegte, was ich wohl tun solle, wenn er es versuchen würde, mich fortzutragen. Und dann gedachte ich an das, was ich auf einem Gedenkstein las, kurz nach dem ich durch den Jordan ging: „Jeder Pilger muss die Riesen selbst überwinden“. Aber wie das zu machen ist, wusste ich nicht. Darum hatte ich mit ihm wieder ein Gefecht.

– Meinst du, dass du noch ein Pilger in Kanaan bist? – fragte er. – Sehr wahrscheinlich wirst du nie die Ruhe finden. Ich bezweifle es sehr. Sieh, wie schlecht du dich fühlst. Und du sagst und tust immer etwas, das dich verletzt. Pilger sollten einen besseren Lebenswandel führen, als du es tust. – Und darauf erfasste er mich mit seinen langen, dicken Armen und löschte mir beinahe den letzten Lebensfunken aus. Ich konnte überhaupt nicht kämpfen. Die Jacke hielt mich so fest zusammen, dass ich nicht einmal das Schwert gebrauchen oder den Schild des Glaubens hochheben konnte. Herr Gesetzlich sagte mir, dass gerade seine Jacke einen besseren Schutz biete als irgendein Schwert oder Schild, und langsam war ich dahin gekommen, mich ganz abhängig von ihr zu fühlen.

Einen Tag darauf überfiel mich der Riese Zweifel wieder. Diesmal schlug er mich unbarmherzig mit seiner Wermutskeule. Und nachdem er mich so geschlagen hatte, dass ich beinahe tot war, verließ er mich. Dann kam er jeden Tag. Es ist sonderbar, wie lange er mir Gesellschaft leistete; oder, besser gesagt, es ist seltsam, dass ich ihm so lange gestattete, bei mir zu sein. Und jeden Tag fühlte ich mich schwächer. Als der alte Riese drohte, mich ins Tote Meer zu werfen, leistete ich ihm nur geringen Widerstand – gerade so viel, dass ich ihn von seiner Absicht zurückhalten konnte.

Ich sah, dass jedes Mal, wenn ich das Schwert auch nur ein wenig gebrauchte, es den alten Riesen erschreckte. Und wenn er mit feurigen Pfeilen schoss, merkte ich, dass der Schild sie aufhielt, wenn ich ihn erhob. Aber diese alte Jacke stand mir sehr im Weg.

Schließlich sagte ich mir: „Ich glaube, diese Jacke ist etwas lästiges. Herunter mit ihr!“ Und ich zog sie aus und warf sie, so weit ich nur konnte, in die Grube der ungültigen Gesetze hinunter (Jak. 1:25).

Danach traf ich den Riesen Zweifel wieder. Aber meine Wunden waren heil geworden, und ich entschloss mich, für mein Leben und meine Freiheit zu kämpfen. Ich sagte ihm:

– Immanuel hilft mir, und ich lasse dich keinen Schritt mehr mich auf dem Weg begleiten!

– Ich werde es aber doch tun. – sagte er. – Du kannst ohne mich nicht gehen, ich bin dein Freund.

– Du bist kein Freund, – schrie ich, – sondern ein Feind! Du hast mir meine Reise übel gestaltet. Du hast mir meinen Frieden geraubt, meine Freude getötet; du hast mich geschlagen, betrogen, mit dem Tod bedroht und beinahe umgebracht. Geh! Weiche von mir, du Feind meiner Seele! (Mt. 4:1-11).

In diesem Augenblick versetzte ich ihm mit dem Schwert der Wahrheit einen Schlag. Er rannte hinweg, um seine Pfeile zu holen und damit nach mir zu schießen. Aber ich hielt einfach den Schild hoch, und kein einziger Pfeil verletzte mich (Röm. 16:20). Dann lief ich mit all meiner Kraft hinter ihm her und trieb ihn fort. Und ich habe seitdem kein nennenswertes Gefecht mehr mit ihm gehabt.

 

Das Heilmittel für Zweifel ist der Glaube – nicht das Gebet, nicht Fasten, nicht Arbeiten, sondern der Glaube. Glaube bedeutet Vertrauen zu Gott, Vertrauen auf das, was Er sagt. Gott hat vieles gesagt und viele Verheißungen gegeben. Der Glaube erwartet, dass Gott sein Wort erfüllt. Vertrauen ist anhaltender Glaube und Harren.

Wir werden durch den Glauben geheiligt. Wir treten durch den Glauben in die vollkommene Seelenruhe ein. Es gibt keinen anderen Weg. Wir müssen zu Gott kommen und Ihn einfach bitten, seine volle Erlösung in unseren Herzen zu wirken und uns mit dem Heiligen Geist zu erfüllen. Nachdem wir uns Ihm völlig übergeben und alles auf den Altar gelegt haben, können wir weiter nichts tun als Ihm vertrauen und gehorchen. Es ist Gottes Sache, in uns das Werk der Erlösung zu vollenden. Unsere Aufgabe ist es, Ihm zu vertrauen, dass Er es tut. Wir vertrauen dem Zimmermann und Maurer, unser Haus zu bauen; wir vertrauen dem Bankier unser Geld an; wir vertrauen Menschen jeden Tag und jede Stunde unser Leben an – sollten wir Gott nicht vertrauen?

In allen Kämpfen mit Zweifeln gehe auf die grundlegenden Tatsachen zurück. Lass keiner Verwirrung des Gemüts, keiner Aufregung der Gefühle Raum. Bringe jede Furcht zum Schweigen und stelle fest, wo und wie du gerade bist. Zuerst frage dich selbst, ob du ganz dem Herrn gehörst. Liegt jetzt dein alles auf seinem Altar? Tust du jetzt seinen Willen? Willst du Ihm dienen? Antwortest du mit „Ja“? Dann halte dies als eine unanfechtbare Tatsache fest. Erlaube dir nie, einen Punkt anzuzweifeln, der festgehalten ist. Lass ihn festgehalten bleiben.

Dann frage dich, ob du glaubst, dass Gott seinem Wort treu ist, ob du glaubst, dass Er tun werde, was Er verheißen hat. Sagst du darauf „Ja“, dann halte auch diesen Punkt fest. Stehe dazu. Bist du den Bedingungen nachgekommen, aufgrund deren Gott verheißen hat, dich zu reinigen und zu erfüllen, so musst du glauben, dass Er es tut.

Zweifel kommen gern früh am Morgen. Sie sind wie böse Nachbarn: Sie kommen, wenn sie nicht gewünscht werden. Zweifel mögen aufsteigen, weil du nicht so gute Gefühle hast, wie es dir gefallen würde, oder weil du Fehler gemacht hast, oder einfach, weil du schwer versucht worden bist. Du musst lernen, dass die Gefühle kein zuverlässiger Maßstab für deinen geistlichen Zustand sind.

Ein Zusammenstoß mit Zweifeln mag etwa so verlaufen: Du erwachst am Morgen, und ein äußerst unreligiöses Gefühl hat von dir Besitz ergriffen. Du fühlst nicht ein bisschen so, als ob du völlig erlöst seist und richtiges Gottvertrauen habest, sondern gerade das Gegenteil. Und wenn du noch nicht gelernt hast, diesem Umstand keine Aufmerksamkeit zu schenken und stattdessen aufzuspringen, Gott für all seine Güte zu preisen und zu danken, fängst du an, dich zu fragen: „Bin ich wirklich und tatsächlich dem Herrn geweiht? Wo sind all meine freudigen Gefühle? Warum habe ich so sonderbare Empfindungen? Sicher ist etwas verkehrt.“ Je länger du so denkst, desto mehr gerätst du in Zweifel, und schließlich nimmt Entmutigung deine Seele in Besitz.

Es ist nichts Unrechtes dabei, wenn man sich selbst durchprüft, es ist nur gut. Es ist ganz recht, bestimmte und gründliche Fragen an unser Herz zu richten, um festzustellen, wie es zu Gott steht. Doch wenn Zweifel solch eine Durchprüfung verursachen, dann sind die Folgen gewöhnlich unheilvoll.

Das Zweifeln wird zu einer schlechten Gewohnheit, und zwar zu einer solchen, die sehr schwer zu brechen ist. Es ist eine Art selbst-abwertende, selbst-verurteilende und selbst-verdammende Gewohnheit. Das Zweifeln wird leicht und natürlich, nachdem sich die Gewohnheit gebildet hat. Ein chronischer Zustand der Entmutigung folgt. Dein Zustand ist so elend, wie er nur sein kann. Und sogar der Gedanke an ein plötzliches Abwerfen dieser schlechten Sache erfüllt dich mit Schrecken. Du fürchtest dich, dies zu tun. Ein Leben, wo es immer auf und ab geht, scheint dir vorzüglicher als ein mutiges, beständiges und siegreiches Leben. Die natürliche Folge davon ist auch eine Art Schwäche oder Feigheit. Und Tatsache ist, dass ein gewohnheitsmäßiger Zweifler es vorzieht, lieber ein Zwerg für Christus zu sein als ein wirklicher Mann, ein Streiter für Ihn.

Der Zweifel übt eine schreckliche Rückwirkung auf Seele und Gemüt aus. Sein Einfluss ist todbringend und verdammend. Er lässt die Freude und die Freimütigkeit des wahren Gottesdienstes zusammenschrumpfen und eintrocknen. Er lässt den Betreffenden sich elend und schwach fühlen. Anstatt zum Kampf anzuspornen, führen Zweifel dahin, den Kampf aufzugeben. An Stelle unverzüglichen Widerstands, veranlassen die Zweifel, sich niederzulegen, sich verwunden und schlagen zu lassen. Zweifel machen uns zu einem Fehlschlag. Sie vernichten, verstümmeln und ziehen nach unten. Sie sind des Teufels wirksames Gift, um die Kinder Gottes umzubringen.

Es gibt nur eins, das uns hilft, Zweifel zu überwinden, nämlich: Glauben an Gott. Töte die Zweifel, oder sie werden dich töten. „Unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat“ (1.Joh. 5:4).