Bei Gott zu Gast

„Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde“ (Ps. 23:5).

Der Psalmist lässt das Bild des Hirten und seiner Herde fallen. Er kann in diesem Bild gar nicht alles ausdrücken, was er empfindet. Er ist nicht nur Gottes Schaf, er ist auch Gottes Gast. Gott hat ihm einen Tisch bereitet, an dem er sitzen darf, teilhabend an allen Gütern und Gaben, die der Herr den Seinen bereitet hat.

David hat es so recht erfahren, was es heißt, bei Gott zu Gast zu sein, als er vor seinem Sohn Absalom floh. In 2.Sam. 17:27 lesen wir: „Da David gen Mahanaim gekommen war, da brachte Sobi, der Sohn Nahas von Rabba der Kinder Ammon, und Machir, der Sohn Ammiels von Lo-Dabar, und Barsillai, ein Gileaditer von Roglim, Bettwerk, Becken, irdene Gefäße, Weizen, Gerste, Mehl, geröstete Körner, Bohnen, Linsen, Grütze, Honig, Butter, Schafe und Rinderkäse zu David und zu dem Volk, das bei ihm war, zu essen. Denn sie gedachten: Das Volk wird hungrig, müde und durstig sein in der Wüste.“ Wie freundlich sorgte der Herr für seinen verjagten Knecht. Wie freundlich deckte Er ihm den Tisch!

Bei Gott zu Gast – das ist Herrlichkeit, nicht nur ein paar Stunden, an seinem Tisch darf man sitzen lebenslang. Bei Gott zu Gast! Da hört alle Sorge auf. Da braucht man nicht ängstlich zu fragen: Was werden wir essen? Was werden wir trinken? O nein, die Sorgen hören auf.

Israel in der Wüste – das ist ja ein rechtes Bild davon, was es heißt, bei Gott zu Gast zu sein. Wie treu hat Gott für seine Gäste gesorgt. Sie waren nicht immer lieb und sehr freundlich – im Gegenteil, es war ein halsstarriges Volk, das immer den Irrweg wollte. Und doch hat Gott jeden Morgen dem Volk Israel den Tisch gedeckt und ihm Manna gegeben vom Himmel. Dann hat Er für Wasser aus dem Felsen gesorgt und dann für Wachteln. Es war ein großes Volk. Und das hat täglich große Vorräte gebraucht. Aber es war nicht zuviel für Gott. Er hat sie alle gesättigt, Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr.

Bei Gott zu Gast, das kann man auch bei Elia lernen. Gott schickte ihn an den Krith. Damit übernahm Er auch die Verpflichtung, für seinen Knecht zu sorgen. Er tat Wunder. Die Raben mussten ihm Speise bringen. Aber ein Tag nach dem anderen verging, der Bach wurde immer kleiner. Immer weniger Wasser floss in seinem austrocknenden Bett. Endlich war der Bach ganz trocken. Kommt das denn auch vor, wenn man bei Gott zu Gast ist? Ja, das kommt auch vor, um unser Vertrauen auf die Probe zu stellen. Als der Bach ganz trocken war, kam wieder ein Befehl Gottes. Elia sollte ins Heidenland gehen nach Phönizien. Dort hat Gott einer Witwe geboten, ihn zu versorgen; einer Witwe, die für sich selbst kaum etwas hatte. Da sollte Elia hingehen? Da sollte er die geringe Vorräte noch schmälern helfen? Elia war gehorsam, er ging hin. Er fand die Ärmste unter den Armen dem Verhungern nahe. Und durch sie versorgte Gott seinen Propheten. Oh, ein wunderbarer Gott! Aber so knapp sie es hatten, die drei Seelen im Witwenhäuschen, sie hatten alle Tage genug: Dem Öl im Krug mangelte nichts, und das Mehl im Kad war nicht verzehrt die ganze Zeit.

Bei Gott zu Gast sind die Vögel unter dem Himmel, die uns der Herr als Vorbild hinstellte: „Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlische Vater nährt sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr denn sie?“ (Mt. 6:26). Man kann auch heute noch erfahren, dass man versorgt ist, wenn man bei Gott zu Gast ist. Bist du das schon? – Noch nicht? O so komm doch und setze dich an den Tisch seiner Gnade! Und was darauf steht, das ist nicht zum Besehen – du darfst zugreifen und essen.

Auf dem Tisch Gottes steht eine herrliche Schüssel voll kostbarer Früchte, die nicht nur erquicken, sondern die dein Leben reich und wertvoll machen, wenn du sie isst und in dich aufnimmst. Die Früchte heißen: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit, Treue, Sanftmut, Keuschheit. Und diese Früchte darfst du nicht nur anstaunen, sondern genießen, du darfst sie essen. Wenn du sie isst, kannst du leben, kannst du fröhlich sein, und zwar allezeit. Dann zieht ein tiefer Friede in dein Herz ein; du wirst geduldig, du wirst gütig, du wirst treu, dass heißt zuverlässig, du wirst sanftmütig und keusch. Da wirst du reich und glücklich, da fängt ein neues Leben an. Für Leib und Seele, für das äußere Leben und für das innere Leben hast du alles, bekommst du alles, was du bedarfst und brauchst.

Und nun höre, es wird immer herrlicher! „Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde“. Dadurch wird das Wort noch bedeutsamer, noch herrlicher: „Im Angesicht meiner Feinde“.

David hat es erfahren, was es heißt: Feinde ringsum. Wie oft war er nahe daran, dass er den Verfolgern in die Hände gefallen wäre. Aber Gott schützte ihn, Gott deckte ihn gegen seine Feinde. Zwischen David und den Feinden war – der Tisch Gottes. Und daran saß David in vollkommener Herzensruhe, in tiefem Seelenfrieden, geborgen und gedeckt.

O mein liebes Herz, den gleichen Platz dürfen wir heute einnehmen. Es ist noch immer so: Feinde ringsum! Von allen Seiten sind Kinder Gottes von Feinden umgeben, die sie zu reizen, zu erregen versuchen. Soll es ihnen gelingen? Was ist denn zwischen dir und ihnen? – Der Tisch Gottes. Da kannst du tiefster Ruhe sein, mitten in der Unruhe der Welt. Du brauchst dich vor den Feinden gar nicht zu fürchten, sie können ja gar nicht an dich heran! Der Tisch Gottes ist dazwischen. Siehe, da ist all deine Furcht, all deine Aufregung überflüssig. Das musst du eben lernen, von den Feinden wegzusehen, von den Schwierigkeiten wegsehen. Es heißt in Hebr. 12:1-2: „Lasset uns... aufsehen auf Jesum, den Anfänger und Vollender des Glaubens“. Ach wie viele Kinder Gottes blicken immer auf die Feinde und ihre große Macht, und dann fangen sie an, zu jammern und zu klagen. Wie soll das werden? Wie soll das gehen? Wer immer auf den Feind schaut, der wird mutlos und verzagt, das ist ganz unausbleiblich. Darum sieh weg von den Feinden, weg von allem auf Jesum. Und es zieht tiefe Ruhe in dein Herz ein. Bei Ihm bist du ganz geborgen, vollkommen in Sicherheit.

Ist das nicht Herrlichkeit, unter Gottes Schutz zu stehen? Dann darfst du die Feinde getrost dem Herrn überlassen, du stellst alles dem anheim, der da recht richtet. Da brauchst du dich gar nicht selbst zu verteidigen und zu rechtfertigen – das tut der Herr. Er ist unser Fürsprecher, unser „Rechtsanwalt“. Wir dürfen Ihm die Sache in die Hand geben, und Er wird sie führen. Darum brauchen wir uns gar nicht mehr zu kümmern. Gott wird für uns streiten, und wir dürfen stille sein.