Das Predigen

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Das Predigen ist ohne Zweifel das wirksamste Mittel, Sünder von der Gefahr, in der sie schweben, zu überzeugen und sie auch die Notwendigkeit erkennen zu lassen, dass sie sich bekehren müssen. Gott bedient sich der Predigt, um dadurch dem Menschen seinen Willen zu offenbaren und ihn auch auf seine Pflichten gegen sich selbst und Gott aufmerksam zu machen.
Damit Gott sich der Predigt bedienen kann, müssen Prediger daran beteiligt sein, woran Gott ­beteili­gt ist. Je nachdem ein Prediger sich an dem beteiligt, woran der Herr beteiligt ist, wird er Hilfe von Gott bekommen. Hier liegt die Ursache, warum manche Predigten so geist- und kraftlos sind und weshalb manche Prediger bei ihrem Predigen so wenig Hilfe von Gott bekommen. Das hat auch etwas damit zu tun, dass manche Prediger abtrünnig werden.
Der Herr ist am meisten an der Rettung der Verlorenen interessiert. Und wenn Menschen, die predigen, mehr Interesse für etwas anderes bekommen, verliert auch Gott sein Interesse an ihnen. Bei ihnen zeigt sich dann ein Mangel an Salbung, der Sieg und Eifer ist nicht mehr so, wie er sein sollte; sie werden leichtfertig und spaßhaft. Die Zuhörer werden unter ihren Predigten unruhig und sie üben nicht die rechte Wirkung auf die Gemeinde Gottes aus. Sie werden bald ein wenig eifersüchtig auf jemand, dem der Herr wirklich hilft, und sagen, dass die Heiligen die Person ansehen. Solche sind gewiss nahe daran, abtrünnig zu werden, wenn sie es nicht schon sind.
Predigen ist mehr als nur etwas aus Gottes Wort vorzulesen. Jeder, der lesen kann, ist dazu imstande, doch gibt sich deswegen nicht jeder als ein Prediger aus. Das Gebot lautet: „Predigt das Wort.“ Lese es nicht nur, sondern lege es aus, erkläre es. Erkläre seine Bedeutung so, dass die Leute es verstehen. Siehe zu, dass du es erst selber verstehst. Es ist sehr schwer, Leute dahin zu bringen, etwas zu sehen, was wir selber nicht sehen, und den Leuten etwas erklären zu wollen, was wir selber nicht verstehen.
Es ist in der Regel keine stundenlange Vorrede nötig, um eine Predigt erfolgreich zu machen. Solches mag in Büchern angemessen sein; doch in der Predigt ist so etwas gewöhnlich nur unnützer Ballast. Zuerst habe man ein Thema oder Gegenstand im Auge, worüber man predigen will. Teile den Zuhörern dein Thema mit. Wenn du mit der Predigt beginnst, so leite dein Thema ein, indem du eine passende Schriftstelle liest, worin möglichst viele Gedanken darüber enthalten sind. Bleibe dann durchweg bei deinem Thema. Du brauchst nicht zu befürchten, dass deine predigtweise wie im Sektentum sein wird, wenn du so tust. Die Predigt ist von größtem Erfolg, wenn nur ein Gegenstand auf einmal behandelt wird. Rechtfertigung, Heiligung, göttliche Heilung, der Leib Christi oder die Gemeinde und deine eigene Erfahrung sind lauter verschiedene Themen und sollten gewöhnlich einzeln behandelt werden. Gott erteilt den Rat, „das Wort der Wahrheit recht zu teilen“ (2.Tim. 2:15). Das Predigen vom ersten Buch Mose bis zur Offenbarung ist gut, wenn genug Zeit dafür vorhanden ist. Doch wäre es nicht weislich, eine einzige Predigt daraus zu machen.
Sei nicht zu eilig. Gerate nicht außer Atem. Nehme dir Zeit, um deine Gedanken deutlich zu machen. Das wird dir und auch den Zuhörern mehr Genugtuung bereiten, wenn die Predigt zu Ende ist. Mache keine lange Rede von dem, was du oder sonst jemand getan hat. Ein wenig davon mag manchmal am Platz sein; aber viel davon wird den Gottesdienst verderben. Verkündige die Wahrheit – sie ist interessant. Mache sie den Leuten verständlich. Lese sie. Forsche in ihren Tiefen. Bitte Gott, dass er dir helfen möge, dich richtig auszudrücken. Übe dich im tiefen Nachdenken und Betrachtungen. Bedenke, dass Zeit und Gelegenheit zwei der wertvollsten Dinge auf Erden sind. Hüte dich vor Leichtfertigkeit und Scherz. Gottes Gemeinde hat nur wenig Nutzen von einem Prediger, der zu leicht und oberflächlich ist, und Gott noch weniger.
Habe acht, dass du deine Fähigkeiten nicht unterschätzt und auch dass du dich nicht überschätzt. Beides wird dir hinderlich sein. Beweise es, dass du zum Predigtamt berufen bist, indem du Gebrauch machst von der Fähigkeit, die du besitzt, und bete fortwährend um mehr.

J. S. McKoy