Das Wichtigste steht auf dem Spiel

Wenn das Seelenheil keine so wichtige Sache wäre, so könnte man vielleicht eine Entschuldigung für das Zögern in seinem Aneignen finden. Ist aber dieses Heil überhaupt von irgendeinem Wert, so ist es das Wertvollste, das es überhaupt gibt. Ist es notwendig, so ist es das Eine, das nottut. Wenn es jemals unsere Aufmerksamkeit verlangt, so verlangt es sie jetzt. Es ist nicht nur wichtig, sondern es ist das Leben selbst – das Leben der Seele.

Der SEELE! – Wer kann ihren Wert berechnen! Wer kann die Wichtigkeit des Seelenheils oder die Furchtbarkeit seines Verlustes völlig ermessen? Alles Irdische ist nur ein Schatten. Auf dieser Erde gibt es nichts Bleibendes; alles ist vergänglich, alles wird in Staub zerfallen. „Denn alles Fleisch ist wie Gras und alle Herrlichkeit der Menschen wie des Grases Blume. Das Gras ist verdorrt und die Blume abgefallen“ (1.Petr. 1,24). Völker und Königreiche, die einst eine wichtige Rolle in der Weltgeschichte spielten, sind längst nicht mehr da. Eine Generation folgte der anderen, und auch die Gegenwart wird bald in die Vergangenheit versinken. Diese unsere Leiber, so wunderbar sie auch geschaffen sind, tragen den Keim der Verwesung in sich und werden in Kürze wieder zu Staub werden, davon sie genommen sind. Die Stätten, die wir jetzt bewohnen oder wo wir jetzt arbeiten, werden wir bald verlassen müssen. Andere werden unsere Stelle einnehmen und wir werden an dem geschäftigen Treiben dieser Welt keinen Teil mehr haben. „Es wird aber des Herrn Tag kommen wie ein Dieb in der Nacht, an welchem die Himmel zergehen werden mit großem Krachen; die Elemente aber werden vor Hitze schmelzen, und die Erde und die Werke, die darauf sind, werden verbrennen“ (2.Petr. 3,10). Die Seele des Menschen ist jedoch unsterblich und wird weiterleben, wenn diese Erde mit allem, was darauf ist, vergeht. Als wir auf diese Welt geboren wurden, begann unser Lebenslauf, der in alle Ewigkeit fortdauert. Nach Millionen von Jahren werden wir noch dieselben bewussten Geschöpfe sein, die wir jetzt sind, und irgendwo im Jenseits weiter fortbestehen, entweder in ewiger Glückseligkeit oder in ewiger Pein. Welch ein schwerwiegender und furchtbarer Gedanke!

Könnte irgendeine Frage wichtigere und ernstere Dinge berühren, als die Frage über unser ewiges Wohl oder Wehe? Ich werde in alle Ewigkeit denken, fühlen und handeln – welcher Natur werden aber diese Gedanken, Gefühle und Handlungen sein? Werde ich in alle Ewigkeit heilig oder sündhaft, unaussprechlich glücklich oder unglücklich und elend sein? Werde ich mich der lebendigen Gegenwart Gottes erfreuen oder ewiglich vor dem Blick seines Zornes zittern? Werde ich Engel oder Teufel zu Gefährten haben? Werde ich in das nie endende Loblied der Seligen einstimmen können oder in alle Ewigkeit klagen müssen: „Vorüber ist die Ernte, die Obstlese ist zu Ende, und wir sind nicht gerettet?“ (Jer. 8,20; Elbf. Übers.)

Warum sollte unsere ganze Aufmerksamkeit auf dieses flüchtige Erdenleben beschränkt sein? Warum sollte der Mensch, als ein für die Ewigkeit geschaffenes Wesen, seinen Blick nicht auf die Zukunft richten und sich darüber klar werden, was seiner jenseits des Grabes wartet? Wäre es nicht weise, unsere Aufmerksamkeit zuerst auf die wichtigsten Dinge zu lenken? Sollen wir uns um Strohhalme und um Seifenblasen sorgen, während wir Dinge, die von ewiger Wichtigkeit sind, vernachlässigen? Was sind alle irdischen Errungenschaften im Vergleich mit den ewigen Dingen? „Was hülfe es dem Menschen, so er die ganze Welt gewönne, und nähme an seiner Seele Schaden?“ (Mk. 8,36)

Wenn dein Dasein, lieber Leser, mit diesem Erdenleben zum Abschluss käme, so hättest du, was die Zukunft anbetrifft, weder etwas zu hoffen noch zu fürchten. Oder wenn du ein unschuldiges und sündloses Wesen wärest, so hätte diese Zukunft für dich auch nichts Erschreckendes. Der Tod wäre dann nur der Anfang eines höheren, besseren und seligeren Lebens, der Eingang zur ewigen Freude.

Wo ist aber ein Mensch, dessen Gewissen ihn nicht verklagt? Wer könnte vor den Richterstuhl Gottes treten und sagen, dass er nie gesündigt hätte? Wer würde nicht der Verdammnis verfallen, wenn mit ihm nach seinem Verdienst gehandelt würde? Deine Natur, so erhaben diese auch ist, ist dem Ruin verfallen. Deine Seele, so wertvoll sie auch ist, steht in Gefahr, verloren zu gehen. Ja, verloren! – Nicht vernichtet, sondern verdammt zu einem Dasein ewigen Sündigens und Leidens. Verloren für Gott, für Heiligkeit und Glückseligkeit. Verloren für jegliche Hoffnung; endgültig und rettungslos verloren für alle Ewigkeit! Welches Elend könnte man mit diesem vergleichen? Keine Feder kann einen solchen Verlust beschreiben und kein menschliches Herz kann ihn ermessen. Gebe Gott, dass weder der Schreiber noch der Leser die Schrecklichkeit dieses Verlustes jemals aus Erfahrung kennenlernen möge!

Nun, eben darum, dass der Mensch vor solch furchtbarem Schicksal bewahrt bleiben möchte, hat der Sohn Gottes sein Blut vergossen. Er würde es nicht vergossen haben, um Tausende von Welten zu retten, aber er vergoss es für die menschliche Seele. Hieraus können wir sehen, welchen Wert er auf das Heil der Seele legt. O wie viel schließt die Errettung der Seele ein! Sie errettet von der Hölle. Sie sichert uns die ewige Herrlichkeit. Sie befreit uns nicht nur von dem größten aller Übel, sondern sichert uns auch das höchste Gut: die Krone der Herrlichkeit, Siegeslieder, Siegespalmen, ewige Erkenntnis, Heiligkeit, ewige Wonne und Glückseligkeit.

All dieses und noch viel mehr, das sich nicht in Worten zum Ausdruck bringen lässt, wird dir jetzt im Evangelium angeboten. Willst du diese wichtigsten Dinge, diese Sache von unberechenbarem Wert vernachlässigen oder bis auf gelegene Zeit verschieben? Willst du es in die ungewisse Zukunft hinaus verlegen, dir dein Seelenheil zu sichern? O es wäre besser, du würdest alles andere vernachlässigen. Ja, es wäre besser zu betteln, Hunger zu leiden und ein kümmerliches Dasein zu fristen, als dieses große Heil zu versäumen.