Ordnung im Geben

Auch im Geben muss Ordnung und System herrschen. Manche Christen geben nicht nur wahllos, sondern auch unregelmäßig. Wird ihnen ein besonderer Notfall vorgelegt, dann geben sie, sonst nicht. Weil sie keine Ordnung im Geben haben, fehlt es auch oft an den Mitteln zum Geben.

Richtlinien will uns Paulus in 1.Kor. 16,2 geben: „An jedem  ersten Tag der Woche lege ein jeder unter euch bei sich zurück und sammle, was ihm möglich ist, damit nicht, wenn ich komme, dann erst Sammlungen geschehen.“ Paulus möchte bei den Korinthern Ordnung in ihre Liebestätigkeit einführen. Man beachte das Wörtlein „jeder“. Also alle, die Reichen, der Mittelstand und auch die Armen sollen sich am Opfern für das Reich Gottes beteiligen. Man sollte einen ganz bestimmten Mindestbetrag seines Einkommens festsetzen, den man regelmäßig für Gott und sein Reich gibt. Lieber Leser, fange damit einmal an: gewohnheitsmäßig, regelmäßig, grundsätzlich einen Teil deines Einkommens, – und sei es zunächst auch ein kleiner Betrag, – abzusondern und für Reichgotteszwecke zu geben.  Auch heute ist es noch praktisch, einen Wohltätigkeitsfonds zu bilden oder ein Wohltätigkeitskonto zu eröffnen. Dabei soll jeder sein eigenes Gewissen fragen, wie viel von seinem Einkommen er regelmäßig für die Sache Gottes zur Verfügung stellen soll. Der Brief ist ja nicht nur an die Korinther geschrieben, sondern an alle, „die den Namen unseres Herrn Jesus Christus anrufen an jedem Ort, bei ihnen und bei uns“ (1.Kor. 1,2).

In seinem wertvollen Buch „Für schlaflose Nächte“ sagt Professor Hilth: „Wenn man stets in guten finanziellen Verhältnissen leben will, so muss man damit anfangen, einen, wenn auch kleinen, Prozentsatz seines Einkommens für wohltätige Zwecke zu verwenden. Das kann jeder, und es ist eine Täuschung zu glauben, dass man damit ärmer wird. Das Gegenteil ist der Fall! Andererseits sind viele wohlhabende Leute zu träge, um sich selbst damit Mühe zu machen, sondern glauben sehr viel zu tun, wenn sie einen Teil ihres Überflusses wahllos und nicht einmal gutwillig an irgendwelche Vereine oder Anstalten übergeben. Das ist ganz falsch und wird von dem berühmten Wort des Apostel Paulus in 1.Kor. 13,3 getroffen. Jeder sollte seine Einkünfte nach Gottes Willen verwenden oder, wenn er das nicht genügend versteht, Personen seines Vertrauens suchen, die es an seiner Stelle tun. Dann würde, wenn alle Reichen dies mehr oder weniger tun wollten, viel mehr ausgerichtet als bisher, und sie selbst würden dabei glücklicher sein als sie sind.“

Der bekannte Gründer der Anstalten in Neuendettelsau, Wilhelm Löhe, gab seinen Schülerinnen einst den Rat: „Legt euch ein Kästchen an, eine kleine Schachtel, oder was es sonst sein mag. Da hinein legt jedes Mal am Sonntag oder so oft ihr Geld einnehmt, ein Geldstück nach der Weisung des Apostel Paulus in 1.Kor 16,1-3. Dieses Geld ist nicht mehr euer eigen, sondern Gottes Geld, und ihr werdet sehen, wie viel lieber und leichter man aus diesem „Gotteskästchen“ gibt, als aus dem eigenen Beutel. Auch werdet ihr zu jedem guten Zweck etwas bereit haben, denn solch Kästchen wird niemals ganz leer.“

Jemand erzählte, wie in den Gabenverzeichnissen eines Missionsblattes zu lesen war: „Aus der Freudenbüchse von N. N.“ Ich erfuhr durch Nachfragen ungefähr Folgendes, das ich mit den Worten des unbekannten Besitzers erzähle: „Auf meiner Büchse stehen die Worte: ‚Opfere Gott Dank und bezahle dem Höchsten deine Gelübde!‘ Wenn ich irgendeinen Anlass habe mich zu freuen, so wandert ein Dankopfer in die Büchse. Die Höhe dieses Opfers bemisst sich danach, für wie wertvoll und wichtig ich diesen Anlass schätzte. Ob diese Schätzung richtig ist, weiß ich nicht. Aber ich habe keinen anderen Maßstab. Jedenfalls hätte ich früher nie gedacht, dass es so viele Veranlassungen gibt. Und wie sich die Gaben mehren, wenn man nur erst den Anfang gemacht hat! Wenn ich im Herbst oder Frühjahr meinen Acker gut bestellt habe, wenn im Vorsommer auf längere Dürre ein erquickender Regen folgt, wenn ein heftiges Wetter vorüberzog ohne Schaden, wenn das Heu trocken hereingekommen ist, wenn das Korn geerntet, die Kartoffeln gesammelt sind – jedes Mal zieht mich mein Gelübde nach der Stelle hin, wo die Freudenbüchse steht. Wenn ich selber oder eines meiner Lieben wieder genesen sind, wenn meine Kinder den ersten Schulgang antreten, wenn ein Geburtstag ist, wenn wieder ein ganzes Jahr hinter mir liegt, – wer kann die Anlässe alle zählen, wo die Freudenbüchse nie leer ausgeht? Wenn mir ein Gebet erhört ist, wenn ich am Tische des Herrn war, wenn ich kämpfte mit Erfolg gegen meinen Dünkel, meine Heftigkeit, meine Ungeduld, das waren erst die besten Freudenstunden, und da habe ich am wenigsten des Dankes vergessen.“ 

Also legen wir uns eine Freudenbüchse an, wenn wir nicht bereits eine ähnliche Einrichtung haben! Gerade jetzt, wo die christlichen Anstalten oft so mit Not zu kämpfen haben, würde der Inhalt zahlreicher Freudenbüchsen ihnen eine große Hilfe sein.

Bei der großen Anzahl Unternehmungen christlicher Nächstenliebe fallen manchem die vielen Aufforderungen zum Geben oft zur Last. Macht man es sich aber zur Gewohnheit, einen bestimmten Teil seines Einkommens regelmäßig für die Sache des Herrn zurückzulegen und nicht zu warten, bis man zum Geben aufgefordert wird, so wird man immer reichlich die Mittel zum Geben haben.

„... lege ein jeder unter euch bei sich zurück und sammle“, sagt der Apostel. Wenn diese Pflicht einem jeden auferlegt wird, so sind die Armen auch mit eingeschlossen. Sie sollen auch teilhaben an der Freude der Ausbreitung des Reiches Gottes. Die mit der kleinen Gabe verbundene Liebe und Aufopferung, wie bei der armen Witwe, macht sie besonders wertvoll. Ob nun unsere Gabe, je nach unserem Einkommen, groß oder klein ist, – wenn sie nur regelmäßig dem Herrn geweiht ist. Wie groß unsere Gaben sein sollen, das überlässt der Herr dem Gewissen und dem mitfühlenden Herzen jedes Einzelnen.

Ein Mann, der für ein Heim für behinderte Kinder sammelte, kam in eine Hütte, die so ärmlich aussah, dass er rasch die Tür wieder schließen und fortgehen wollte. Das alte Mütterchen aber rief: „Bleiben Sie, hier wohnt ein Königskind“, und gab dem Kollektanten die letzten Pfennige. In Zeit und Ewigkeit ein Königskind, reich an höchsten, ewigen Gütern – das ist die Ernte dessen, der im Segen sät.

In 2.Kor. 8 schreibt Paulus von armen Gemeinden, die aber doch reichlich gaben in aller Einfältigkeit. Die Freude am Herrn trieb sie dazu. Wären heute die Christen geisterfüllt und hätten sie christusähnliche Gesinnung, so würden sie auch Gebefreudigkeit besitzen. Wie Christus sich für uns opferte, so können auch seine Nachfolger das Opfern nicht lassen. Von der Liebe Christi getrieben, werden sie immer freigebiger, nicht geiziger, besonders wenn sie die Seligkeit des Gebens erkannt haben.

Albert Schweitzer schreibt: „Schafft euch ein Nebenamt! Tut die Augen auf und sucht, wo ein Mensch oder ein menschengewidmetes Werk ein bisschen Freundschaft, ein bisschen Teilnahme, ein bisschen Gesellschaft, ein bisschen Arbeit eines Menschen braucht. Vielleicht ist es ein Einsamer oder ein Verkommener oder ein Kranker oder ein Ungeschickter, dem du etwas sein kannst. Vielleicht ist es ein Greis oder ein Kind. Oder ein gutes Werk braucht Freiwillige, die einen freien Abend opfern oder Gänge tun können. Wer kann die Verwendungen alle aufzählen, die das kostbare Betriebskapital, Mensch genannt, haben kann! An ihm fehlt es an allen Ecken und Enden! Darum suche, ob sich nicht eine Anlage für dein Menschentum findet. Lass dich nicht abschrecken, wenn du warten oder experimentieren musst. Auch auf Enttäuschungen sei gefasst. Aber lass dir ein Nebenamt, in dem du dich als Mensch am Menschen ausgibst, nicht entgehen! Es ist dir eins bestimmt, wenn du es nur richtig willst.“

„Einer trage des andern Last, so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen“ (Gal. 6,2). „... nur dass wir der Armen gedächten“ (Gal. 2,10). „Brich dem Hungrigen dein Brot, und die im Elend ohne Obdach sind, führe ins Haus! Wenn du einen nackt siehst, so kleide ihn, und entzieh dich nicht deinem Fleisch und Blut“ d. h. deinem Mitbruder, mahnt schon Jesaja (Jes. 58,7).  Welcher Segen auf barmherziger Nächstenliebe ruht, das hat Kornelius erfahren, dessen Gebete und Almosen hinaufkamen vor Gott. Nur die Barmherzigen werden Barmherzigkeit erlangen.

„Wenn uns etwas auf Erden mit Zins und Zinseszins zurückgezahlt wird, so ist es unsere Menschenliebe. Ungeliebt durchs Leben zu gehen, ist mehr als Missgeschick, es ist Schuld.“