Anfänge und Bekehrung

Ich bin am 21. Februar 1887 in Süddeutschland geboren. Meine Eltern waren Israeliten. Ich wurde von frühster Jugend in dieser Religion erzogen. Nach dem Tod meiner Mutter kam ich mit 10 Jahren in ein israelitisches Waisenhaus. Nach meiner Schulzeit trat ich eine kaufmännische Lehre an.

Ich bekehrte mich im Jahre 1904, als ich 17 Jahre alt war. Bruder Karl Müller aus Freudenstadt, Schwarzwald, war mit der Wahrheit der Gemeinde Gottes im Jahre 1904 bekannt geworden. Durch göttliche Führung wurde er von Norddeutschland nach Süddeutschland in das Haus gesandt, wo ein nach Wahrheit suchender junger Mann wohnte. Ich entsinne mich sehr gut des ersten Gespräches mit Br. Müller. Er sprach mich in folgender Weise an: „Welcher Religion gehörst du an?“ Ich antwortete: „Ich bin ein Israelit.“ Darauf richtete ich die Frage an ihn, welcher Religion er angehöre. Darauf gab er zur Antwort: „Ich gehöre zur Gemeinde Gottes, darin kein Sünder ist, und deren Namen alle im Himmel angeschrieben sind.“ Das war etwas Neues für mich und machte einen tiefen Eindruck auf mich. Er bat mich, auf sein Zimmer zu kommen, wo er mir durch das Alte Testament zeigen wollte, dass Jesus Christus der Messias sei. Ich folgte der Einladung.

Vorsichtshalber gebrauchte er ein Altes Testament, das von Israeliten aus dem Hebräischen ins Deutsche übersetzt war und hebräische Bemerkungen enthielt. Das nahm mir die Vorurteile. Er las mir die bekannten Schriftstellen von den Weissagungen des Propheten Jesaja auf den Herrn Jesus vor. Er redete nicht viel. Da geschah etwas Wunderbares in mir. Meine innern Augen wurden geöffnet und ich sah ganz deutlich, dass Jesus Christus der Messias war. Mit tiefster innerer Überzeugung verließ ich das Zimmer. Das Wort des Herrn ging an mir in Erfüllung: „Fleisch und Blut hat dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel“ (Mt. 16:17). In Zeit und Ewigkeit bin ich dem Herrn für diese Stunde dankbar.

Dann gab es einen Kampf. Eine Stimme sagte mir, dass ich  es bekennen sollte, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist, aber eine andere Macht hielt mir den Mund zu. So vergingen ungefähr vier Wochen. Dann bekam ich die Kraft, ein kleines Bekenntnis abzulegen, fügte aber hinzu, dass es mir unmöglich wäre, ein Christ zu werden. Es stand vor mir wie ein unübersteigbarer Berg. Ich sah den Kampf, der vor mir stand und fühlte mich zu schwach, ihn aufzunehmen. Darauf erwiderte Bruder Müller: „Der Herr wird mit dir sein“. Dies war wie vom Himmel zu mir geredet. Der Herr wurde groß vor meinen innern Augen. Mut und Glauben kamen in meine Seele: Wenn Gott mit mir ist, dann muss es mir gelingen, wenn gleich alles gegen mich ist.

Dann fing ich an, zum Herrn zu beten, Buße zu tun, und erhielt die Vergebung meiner Sünden. Drei bis vier Tage danach kamen wir wieder zusammen und hatten folgendes Gespräch. Ich sagte dem Bruder, das der Herr meine Sünden vergeben habe. Und ich möchte mich nun dieser Gemeinde anschließen, von der er gesagt hatte, dass darin kein Sünder ist und deren Namen alle im Himmel angeschrieben sind. Ich hatte die erste Unterredung mit ihm nicht vergessen, denn sie hatte einen tiefen Eindruck auf mich gemacht. Darauf erwiderte er in etwa folgender Weise: „Wenn du wiedergeboren bist, dann bist du schon in die Gemeinde Gottes hinein geboren. Der Herr hat dich aufgenommen. Du bist also schon in der Gemeinde Gottes. Da fiel wieder ein neuer Lichtstrahl in meine Seele und ich sah die Gemeinde Gottes. Gelobet sei Gott!

Dies ist schon über 60 Jahre her. Seit jener Zeit habe ich meine geistliche Heimat, mein Zuhause in der Gemeinde Gottes gefunden. Ich habe seit jener Zeit nichts Besseres gesehen und es kann auch nichts Besseres geben. Die wahre Gemeinde ist die Gemeinde des lebendigen Gottes.

Innerhalb solch kurzer Zeit konnte der Heilige Geist einem in Sünde und Finsternis sitzenden jungen Menschen von 17 Jahren die Gnade schenken, um das zu erkennen. Wohl selten wird ein Mensch in solcher Unwissenheit in Bezug auf christliche Dinge gewesen sein, wie ich es war. Gott aber war es möglich, mir eine tiefe persönliche Überzeugung zu geben, dass ich es klar erkennen konnte, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist. Auch schenkte Gott mir eine rechte Bekehrung, die auch in den allerschwersten Stunden meines Lebens standhielt. Dazu konnte ich auch noch die Wahrheit von der einen Gemeinde Gottes erkennen.

In meinem vorherigen alten Zustand hätte ich es als eine Sünde angesehen, den Namen Jesu auszusprechen. Ich glaube, jedes Kind Gottes sollte solch eine persönliche Überzeugung von Jesus Christus und den biblischen Wahrheiten bekommen. Nur wenn wir selbst fest davon überzeugt sind, können wir auch recht dafür einstehen. Hätten die ersten Christen nicht eine so tiefe, persönliche Überzeugung gehabt, dass Jesus Gottes Sohn ist, wäre es ihnen unmöglich gewesen, den großen Kampf aufzunehmen, dafür zu leben, zu leiden und sogar zu sterben. Ich glaube, dass wir in dieser Zeit des Unglaubens und der Verwirrung eine persönliche Überzeugung benötigen, um für Gottes Sache einzustehen.

Ich kaufte mir eine Bibel und las mit großem Verlangen das Neue Testament, das mir die geoffenbarten Wahrheiten bestätigte.