Zurück zu den Meinen

Ehe ich wieder von Essen nach Hause fuhr, betete Bruder Karl Arbeiter mit mir. Er ermahnte mich, eine Übergabe auf Leben und Tod zu machen. Das tat ich dann auch von ganzem Herzen, und ich glaube, dass ich damals die Erfahrung der Heiligung machte. Die Kraft des Heiligen Geistes und seine Früchte bestätigte das in den darauffolgenden großen Kämpfen, die über mich kamen.

Mit welchen Gefühlen ich dann nach Hause fuhr und wie ich von den Meinen empfangen wurde, können sich die Leser wohl vorstellen. Doch hatte ich das tiefe Bewusstsein, dass der Herr Jesus bei mir war. Man legte mir einige Wochen den größten Druck auf, um mich dadurch wieder zu der israelitischen Religion zurückzubringen. Man nahm meine Bibel weg. Jeglicher Briefverkehr mit den Geschwistern der Gemeinde Gottes wurde mir abgeschnitten. Doch erhielt ich einige Briefe postlagernd. Auch ein Neues Testament, das ich wie einen großen Schatz verwahrte, des Tages in der Brusttasche und nachts unter dem Kopfkissen, entdeckte man und nahm es mir weg. O wie gut, wenn man Gottes Wort liebt und es nicht nur im Buchstaben hat, sondern auch im Kopf und Herzen! Es waren Wochen der allerschwer­­­sten Kämpfe, doch der Herr stand mir bei und war mir wunderbar nahe. Ich suchte viel das verborgene Gebet. Der Herr gab mir dabei nicht nur den völligen Sieg, sondern ich hatte auch fast keine Anfechtungen. Mein Herz war zudem bewegt von herzlichem Erbarmen und Mitleid für die Meinen. Wie gut war es gewesen, dass, ehe dieser große Kampf begann, Br. Karl Arbeiter mit mir gebetet hatte und dass ich dadurch die Kraft des Heiligen Geistes bekommen hatte, die mir in dieser Lage half, in Liebe, Frieden und Geduld gegen die zu beharren, die gegen mich waren. Die Früchte beweisen, welches Geistes Kind wir sind.

Als meine Angehörigen nun sahen, dass es ihnen nicht möglich sei, mich auf diese Weise von Jesus abzubringen, schlugen sie einen andern Weg ein. Damals war gerade der Kolonialkrieg, den Deutschland in Afrika führte. Man wünschte von mir, mich dazu zu melden. Da ich versprochen hatte, meinen Eltern in allen irdischen Dingen untertan zu sein, meldete ich mich zum Kolonialkrieg. Aber der Herr vereitelte es, so dass ich nicht angenommen wurde. Als dieses fehlgeschlagen war, sollte ich mich für den Dienst als Schiffsjunge auf einem Schiff melden. Die Meinen dachten wahrscheinlich, dass man auf einem Schiff meine sonderbare Einstellung schon austreiben werde. Da sie aber für mich zuvor eine Kaution von 300 DM stellen sollten, war ihnen das für mich wohl zuviel. Denn im Jahre 1905 war das noch sehr viel Geld. So schlug auch dieses fehl.

Als meine Angehörigen erkannten, dass sie bei mir nichts erreichten und sich wahrscheinlich auch schämten, dass einer der ihren das Christentum angenommen hatte – denn wir waren in dem Ort sehr bekannte Leute – gab mir mein Vater, wenn auch schweren Herzens, die Erlaubnis hinzugehen, wohin ich wollte. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und reiste sofort nach Essen, um dort mit den Gläubigen Gemeinschaft zu haben. Dies alles geschah zwischen Mai und September 1905. Wie hat doch der Herr sein Wort an mir wahr gemacht, das er anfangs zu mir sagte: „Ich will mit dir sein“!

Wenn ich so zurückschaue, wird mir an dieser Erfahrung etwas besonders wichtig. Als junges Kind in Christus zog es mich mit aller Macht zu den Versammlungen, in die Gemeinschaft der Kinder Gottes und zu einem Prediger, um in der Erkenntnis unseres Herrn und der Gnade zuzunehmen. Irdische Vor- oder Nachteile waren mir unwichtig. Es beseelte mich der Gedanke, in meiner Seele voranzukommen.

Wie leicht nimmt man es heute. Um irdischer Vorteile willen verlässt man die Versammlungen. Man kommt unter den Geist des „Umzugsfiebers.“ Es geht vielen ähnlich, wie es Lot ging. Er sah nur das Irdische und zog nach Sodom. So zieht auch heute mancher dorthin, wo er sein geistliches Leben verliert. Der Herr aber sagt: „Wer sein Leben erhalten will, der wird es verlieren. Wer aber sein Leben verliert um meinetwillen, der wird‘s finden“ (Lk. 9:24). Etwas anderes ist es, wenn wir an einen Ort mit dem Gedanken ziehen, dort eine neue Versammlungsstelle zu beginnen, damit Menschen Jesus finden. Das kann vom Herrn sein.

Wenn ich so zurückschaue, so kann ich dem Herrn nur Lob und Dank sagen, dass er mir in all den großen Kämpfen mit meinen Angehörigen den völligen Sieg gegeben hat. Ich zog dann von ihnen und kam nach Essen.