Erquickungen

„Er erquicket meine Seele“ (Ps. 23:3).

In einer Zeit, wie die unsrige, die so alle Kräfte anspannt und alle Nerven anstrengt, braucht man Erholungen, braucht man Ruhepausen, wenn man leistungsfähig bleiben will. Das weißt die Welt auch. Darum bereitet die Welt ihren Freunden allerlei Erquickungen, aber wie seltsam sind sie.

Da kommt ein Mann abgespannt vom Arbeitsplatz und geht  nicht nach Hause, o nein, er will sich ja „erholen“, sondern ins Wirtshaus. Da sitzen schon andere, die sich auch „erholen“ wollen. Die Luft ist dick blau von den gerauchten Zigarren. Es legt sich einem auf die Lungen, es beißt die Augen, aber das wird man gewöhnt. Und weil man nicht weiß, was man sich eigentlich sagen soll, da müssen die Karten her. Das ist die ganze Unterhaltung. Das ist die „Erholung.“ Was für ein Zerrbild!

Und die jungen Leute? Was verstehen sie unter „Erholung“? Sie nennen das eine Erholung, sich eine halbe Nacht hindurch in heißer Luft im Kreise zu drehen, während die Musik dazu spielt. Ein Statistiker hat einmal ausgerechnet, wieviele Bewegungen ein junges Mädchen in einer Ballnacht macht. Und dann hat er die Strecke in gerader Linie berechnet, die sie im schnellen Schritt tanzend zurücklegt. Das waren 18 Kilometer! Man denke! Wenn man demselben Mädchen zumuten würde, auf bequemer Straße zwischen grünen Wiesen in vernünftigem Schritt diese Strecke zurücklegen, dann würde sie diese Zumutung als etwas ganz Ungeheuerliches abweisen. Aber in der heißen Luft des Ballsaals, da geht es weg mit diesen Zerrbildern!

Er erquicket meine Seele. Und auf seine Erquickung folgt kein schwerer Kopf, kein leerer Beutel, kein Brandmal im Gewissen, keine Reue im Herzen. Er erquickt wirklich. Er hat sehr verschiedene Mittel, uns zu erquicken. Da lebt ein Gotteskind, einsam, in ungläubiger Umgebung. Keine Gemeinschaft des Gebets. Da kommt ein Brief. Es sind nur etliche Worte auf dem Papier, aber durch diesen Brief erquickt der Herr diese einsame Seele. Oder, es kommt Besuch, ein lieber Bruder, eine treue Schwester. Man merkt bald: Wir gehören zusammen, wir verstehen uns. Man kann sich einmal aussprechen, man kann einmal zusammen beten. Wie erquickt das die Seele! Hast du so etwas schon erlebt? Oder man entdeckt beim Bibellesen ein Wort, das man noch gar nicht beachtet hat. Und merkwürdig, dass man es jetzt erst gefunden hat. Aber nun freut man sich über das Wort, wie einer, der eine große Beute bekommt, wie der Psalmist sagt. Oder, man bekommt durch eine Versammlung, durch ein Blatt oder Buch Licht über eine köstliche Wahrheit der Schrift, die einem bisher dunkel war. Auf einmal erhält man ganz neue Einblicke in die Absichten des Herrn. Das erquickt die Seele. Oder der Herr erlaubt es, auf eine Konferenz zu reisen, wo viele Kinder Gottes zusammenkommen. O wie erquickt es die Seele, mit gläubigen Geschwistern von nahe und fern zusammen zu sein! Mit ihnen anbeten zu können, die herrliche Lieder singen zu können, wie erquickt das die Seele!

Ja, der Herr versteht, seine Kinder zu erquicken. Da hört man von einem Bruder, der krank liegt in großen Schmerzen. Er ist dem Tode nahe. Aber sein Leiden ist eine solche Verherrlichung des Herrn, dass man nur staunen, anbeten und bewundern kann, was Jesus vermag. Oder man ließt ein christliches Blatt von den Siegen des Evangeliums, von einer Erweckung da oder dort. Kurz, der Herr hat die verschiedensten Mittel und Wege, um die Seelen zu erquicken. Hast du das noch nie erfahren? Oh, ich oft. Und darum muss ich mit dem Psalmisten dankbar bekennen: Er erquicket meine Seele!