Mach End’, o Herr, mach Ende!

So verging die Zeit, ein Jahr nach dem anderen, und immer noch tobte der schreckliche Krieg. Nachrichten über Friedensverhandlungen drangen auch bis in die Schützengräben und belebten unsere Herzen mit neuer Hoffnung. Jeder malte sich die Heimkehr aus, den Frieden, die Wiedersehensfreude! Leider erlöschten diese aufflackernden Hoffnungsfunken nur zu bald und das alte Leben ging seinen Gang. Die Rattenplage in den Schützengräben wurde so groß, dass man sich genötigt sah, für jedes eingelieferte Exemplar eine Belohnung auszusetzen. Nun begann eine allgemeine Rattenjagd, denn alle wollten gern diese unangenehmen Plagengeister los werden und recht viele zur Ablieferungsstelle bringen. Hier zog ein Metzger jeder Ratte das Fell ab, wofür er extra bezahlt bekam. Man sagte, das Fleisch gäbe eine gute Suppe; ob es aber dazu verwendet wurde, weiß ich nicht. Eine andere Plage waren die Flöhe und Läuse, auf die wir noch eifriger und erbitterter Jagd machten. Es lässt sich nicht beschreiben, wie sehr wir durch dieses Ungeziefer litten. Sie waren durch nichts zu beseitigen, selbst fleißiges Baden und Erneuern der Wäsche nützte nichts, und es schien, je mehr man tötete, desto mehr vermehrten sie sich. Auch Wanzen waren unsere ständigen Mitbewohner. An den feuchten Wänden des Unterstandes spazierten sie hin und her und zeigten eine besondere Menschenliebe, weil sie uns nicht verließen.

Wir lagen längere Zeit in einem total zusammengeschossenen Dorf, dessen Einwohner am Anfang des Krieges in zwei Stunden ihre Heimat verlassen mussten. Jetzt waren alle Häuser zusammengeschossen, Möbel, Bilder, Geräte lagen zerstört und unbrauchbar umher, so dass niemand mehr sein Eigentum hätte erkennen können. Unter diesen Ruinen hausten wir. Es waren Schützengräben und Unterstände tief in die Erde eingebaut. Bei Tage durfte man sich nicht an der Oberfläche sehen lassen, daher waren kreuz und quer Laufgräben von und zur Stellung eingegraben. Von Zeit zu Zeit wurden Gräben und Unterstände zerschossen, daher fehlte es nicht an Arbeit, sie immer wieder zu erneuern und zu befestigen. Ich fand immer noch Zeit, mit meinem himmlischen Vater allein zu sein, ihn im Gebet zu loben und ihm zu danken, ihn um alles zu bitten und ihm alles zu sagen, was mein Herz beschwerte. Oft wurden mir die nassen, dunklen Löcher, in denen es von Ratten wimmelte, zu kostbaren Vorhöfen des Himmels, war doch Jesus, mein Heiland, bei mir und segnete mich.

Der dritte Kriegssommer nahte seinem Ende. Die Länge der Zeit zermürbte unsere körperlichen und seelischen Kräfte. Es schien, als würde der Krieg nie mehr aufhören und als sollten wir allmählich alle hier verderben. Auch ich sehnte mich von ganzem Herzen nach Frieden und Ruhe. Mein Gebet zu Gott war täglich, dass er mich aus dem Frontdienst nehmen möchte.