Der Weg zur Buße

Ein Philosoph sagte mal, dass niemand Buße tun sollte, weil sie den Menschen zu sehr erniedrige und ihm jede Selbstachtung nähme.

Die Lehre der Unabhängigkeit des Menschen mag den stolzen Menschenherzen gefallen; aber Gottes Wort lehrt, dass der Mensch krank, furchtbar krank ist. Nach den Worten unseres Herrn ist der Mensch so krank, dass er sterben wird, wenn er kein Heilmittel anwendet. Der Mensch muss das Heilmittel, das ihm selbst Gott verordnete, anwenden, wenn er gesund werden will. Dieses Heilmittel heißt „Buße“. Dem natürlichen Herzen gefällt es keineswegs, aber die göttliche Gebrauchsanweisung lautet: Tue Buße, wenn du geheilt werden willst. Doch was ist Buße? Da so viel von ihr abhängt, müssen wir ihr Wesen genau kennenlernen.

Ich werde wahrscheinlich niemals den Fall mit dem Mann namens Moore vergessen. Wir schlugen damals unser Zelt auf einem Gebirge auf, das zu einem schnellen und klaren Fluss herabfiel, der zwischen den Bergen floss. Dort hielten wir Gottesdienste tagsüber und abends. Der erwähnte alte Mann kam zu den Gottesdiensten. Er fühlte, dass er Gott brauchte. Endlich kam er nach vorne und kniete sich zum Gebet nieder. Ein Bruder kniete sich neben ihm hin, um ihm zu helfen. Nach ein paar Worten forderte er den alten Mann auf zu beten. Er sagte nur ein kleines formelles Gebet und wollte dann aufstehen, denn er war offensichtlich der Meinung, dass er alles getan hatte, was er konnte. Der Bruder fragte ihn: „Hast du Gott gefunden?“ „Nein“, antwortete jener. „Dann lass uns weiter suchen!“

So viele Seele graben nicht tief genug. Ihre Brunnen sind zu flach. Wenn sie ein bestimmtes geistliches Gefühl erfahren, nehmen sie an, dass das Erlösung sei. Buße ist eine wirkliche Verhandlung der Seele mit Gott. Sie schließt mehrere entschiedene Schritte ein, die einfach zu verstehen, leicht wahrzunehmen, aber manchmal schwer zu machen sind. Lasst uns diese Schritte genauer betrachten.

Der erste Schritt heißt: „Bekenne deine Sünden“. In 1.Joh. 1:9 lesen wir: „Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und reinigt uns von aller Ungerechtigkeit“. In 2.Sam. 12:13 ruft David aus: „Ich habe gesündigt gegen den Herrn“. Und in seinem herzergreifenden Bußpsalm ruft er aus: „Gott, sei mir gnädig nach deiner Güte ... denn ich erkenne meine Missetat, und meine Sünde ist immer vor mir“ (Ps. 51:3.5). Liebe Seele, bekennst du deine Sünden oder hast du sie schon bekannt? Dies ist der erste Schritt.

Der zweite Schritt heißt: „Gib deine Sünden auf“. „Wer seine Sünde leugnet, dem wird‘s nicht gelingen; wer sie aber bekennt und lässt, der wird Barmherzigkeit erlangen“ (Spr. 28:13). Liebe Seele, gibst du deine Sünden auf oder hast du sie schon aufgegeben? Dies ist der zweite Schritt.

Drittens müssen wir anderen vergeben. In Mt. 6:15 lesen wir: „Wenn ihr aber den Menschen nicht vergebt, so wird euer Vater eure Vergehungen auch nicht vergeben“ (Elbf. Ü.). Liebe Seele, hast du alles vergeben, was man dir angetan hat? Dies ist der dritte Schritt.

Der nächste Schritt heißt: Wiedergutmachen. In Hes. 33:15 steht geschrieben: Wenn „der Gottlose das Pfand zurückgibt und erstattet, was er geraubt hat, und nach den Satzungen des Lebens wandelt und nichts Böses tut –, so soll er am Leben bleiben und nicht sterben.“ Machst du alles wieder gut oder hast du es schon gemacht, soweit es dir möglich ist? Dies ist der vierte Schritt.

Diese vier Schritte sind wohlbegründet und vernünftig. Der Sünder ist an Sünde oder in Sünde krank. Seine Sünden sind die Ursache der Krankheit, daran seine Seele leidet. Der erste Schritt zur Heilung ist folglich das Bekennen dieses kranken Zustandes. Denn die Gesunden bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken. Auch der nächste Schritt ist genauso begründet und vernünftig. Niemand kann Gesundheit erwarten, solange er die Gesundheitsregeln übertritt. So kann auch kein Sünder errettet werden, wenn er seine Sünden nicht verlässt. Das Verbleiben in der Sünde bringt ihn zu seinem ersten Zustand zurück: Er bleibt verloren, ruiniert und krank. Solange er nicht willig ist, seine Sünden zu verlassen, ist sogar sein Wunsch, erlöst zu werden, nicht aufrichtig.

Der dritte Schritt – anderen zu vergehen – ist ebenso begründet und vernünftig. Im Gleichnis vom unbarmherzigen Knecht (Mt. 18:23-35) hat uns der Herr ein Bild von einem Menschen hinterlassen, der seinem Mitmenschen nicht vergeben kann. Welch ein trauriges Bild! Wir sehen einen stolzen, gefühllosen und unbarmherzigen Menschen, der gar kein Mitleid mit seinem Mitmenschen hat. Obwohl ihm gerade eine ungeheure und untragbare Schuld vergeben wurde, ließ er einen Mann ins Gefängnis werfen, der ihm eine geringe und im Verhältnis zu seiner Schuld nur unbedeutende Summe schuldete. Dies ist auch ein Bild von dir, lieber Leser, wenn du Gott um Verzeihung bittest und anderen nicht vergabst. Du siehst, dass Gott dir in solch einem Fall unmöglich vergeben kann. Der alte Groll, die alten feindseligen und rachsüchtigen Gefühle – das alles muss aufgegeben werden, wenn wir Vergebung von Gott erwarten.

Ist die Lehre der Wiedergutmachung auf vernünftigen Grundsätzen gebaut? Nicht nur das – sie ist biblisch, was noch viel wichtiger ist. Eins ist gewiß: Wenn sich der Mensch nicht bemüht, sein Unrecht gutzumachen, dann beweist er damit, dass er dasselbe böse Herz hat, das ihn vorher veranlasste, dieses Unrecht zu tun.

Es gibt noch einen Gedanken zu diesem Punkt, auf den wir achtgeben sollten. Paulus drückt ihn folgendermaßen aus: „Die Traurigkeit nach Gottes Willen wirkt eine Buße zur Rettung, die niemand reut; die Traurigkeit aber der Welt wirkt den Tod. Denn siehe, eben dies, dass ihr nach Gottes Willen betrübt worden seid,  welchen Fleiß hat das in euch gewirkt, dazu Verantwortung ...“ (2.Kor. 7:10-11). Was bedeutet hier Verantwortung? Wir sollten bedenken, dass die Gemeinde aus erlösten Menschen besteht, die vorher Sünder und allerlei gottloses Volk waren. Manche von ihnen waren Diebe, Betrüger, machten unehrliche Geschäfte usw. Das Ansehen der Gemeinde würde darunter gewaltig leiden, wenn diese Leute ihr begangenes Unrecht nicht soweit wie möglich zurechtbringen würden.

Nimm zum Beispiel den Zachäus. Er war ein reicher Steuereinnehmer, der sein Geld schnell und unehrlich verdiente. Als er jedoch den Herrn Jesus angenommen hatte, sagte er: „Wenn ich jemand betrogen habe, so gebe ich es vierfältig zurück“ (Lk. 19:8). Hätten die Freunde des Zachäus an seine Bekehrung geglaubt, wenn er sich nicht bemüht hätte, sein Unrecht wieder gutzumachen? Kaum! Genauso muss jedermann, der den Herrn annimmt, diesen vierten Schritt tun und soweit wie möglich sein früheres Leben in Ordnung bringen.

Die Buße mag als ein Sumpf der Verzweiflung erscheinen, den John Bunyan in seiner Pilgerreise beschreib. Doch in diesem Sumpf stehen diese vier Steine, die unbeweglich sind. Eine Seele, die diesen biblischen Weg der Buße gegangen ist, weiß, dass jedes Hindernis auf dem Weg zur Erlösung weggeräumt ist, und dass sie deswegen einen festen Grund unter den Füßen hat. Wenn sie bewusst und freiwillig alle biblischen Bedingungen zur Erlösung erfüllte, hat sie einen festen Grund für den Glauben gelegt.

Zum Schluss dieses Themas soll noch erwähnt werden, dass jeder, der Erlösung sucht, das Bewusstsein haben sollte, dass er den ganzen Weg vom Stand in seinen Sünde zu Gott zurückgelegt hat. Er sollte sich bewusst sein, dass er im Großen und Ganzen sein sündiges Leben bekannte, das er führte, seitdem er die Grenze der kindlichen Unschuld überschritt. Es sollte bei ihm auch feststehen, dass er sein altes sündiges Treiben aufgegeben und für immer verlassen hat. Er sollte sich auch bewusst sein, dass er allen denen vergeben hat, die ihm bisher etwas Böses taten, und dass er den Schaden, den er durch seine Sünden anderen verursachte, soweit er konnte, gutgemacht hat.

Nun ist alles klar. Er hat sein Unrecht mit Gott und den Menschen in Ordnung gebracht. Weil er Heilung von seinem sündenkranken Zustand sucht, flieht er jeden sündigen Weg. Er ist bereit, den schmalen Lebensweg zu pilgern, und der heilige Entschluss, niemals wieder die Pfade der Sünde zu betreten, bewegt seine Seele. Er wendet jetzt sein Antlitz zu dem Kreuz und kann nun die Erlösung durch Jesus Christus empfangen.