Schwierigkeiten bezüglich des Glaubens

Jemand mag sagen: „In der Lehre der Heiligung habe ich Klarheit und ich denke alles getan zu haben, was Gott von mir hinsichtlich meiner Weihe erwartet. Und doch bin ich nicht völlig befriedigt“. Liebe Seele, ich möchte dich fragen, wie und wo denkst du denn deine Zufriedenheit zu erlangen, und wo ist dein Glaube? Bist du denn überhaupt willig, zufrieden und ergeben zu sein in den Wegen des Herrn?

Ich habe gemerkt, dass oft eine gewisse Selbstsucht in unserem Suchen nach Heiligung steckt. Wir suchen so sehr unsere eigene Befriedigung und denken nicht daran, dass es doch der Herr ist, den wir befriedigen sollen. Und auch dass wir nur dann wirklich befriedigt sein können, wenn wir das selige Bewusstsein im Herzen tragen, dass Gott mit uns zufrieden ist. Statt mit dem selbstsüchtigen Wunsch nach Befriedigung zum Herrn zu kommen, sollte uns ein anderer und besserer Beweggrund antreiben. Nur der Wunsch, den zu befriedigen, der sein Leben für uns gab, soll uns bei unserem Suchen nach Heiligung beherrschen. Wir können mit solchen selbstsüchtigen Wünschen keine Heiligung erlangen. Wir werden auch nie den Heiligen Geist empfangen, wenn wir ihn für irgendwelche Zwecke benutzen wollen, statt ihm Freiheit zu geben, seinen Weg mit uns zu haben. Es ist deshalb gut und richtig, sich die Frage zu stellen: „Warum suche ich Heiligung?“ Der alte Mensch treibt oft ein solch trügerisches Spiel, dass wir ihn erst gar nicht erkennen, wenn er nach Befriedigung schreit, nur um der Kreuzigung zu entgehen.

Oft sind die Beweggründe des Suchenden wahrhaft rein. Doch die Tatsache besteht, dass viele den geheiligten Zustand nicht erreichen, weil sie es an dem rechten Glauben fehlen lassen. Du magst fragen: „Ist es möglich, dass ein Kind Gottes mit viel Tränen und tiefem Ernst einen verzweifelten Kampf kämpft, um dann doch einen Fehlschlag in seinem Streben nach Heiligung zu erleben?“ Das ist nicht nur möglich, sondern ist die regelrechte Erfahrung solcher Seelen, die es nicht recht beachten, dass der Herr unsere Herzen nur durch den Glauben reinigt (Apg. 15:9). Wohl sind Tränen und großer Ernst gut, aber den Glauben können sie nicht ersetzen. Nicht Tränen oder Traurigkeit verschaffen uns die Heiligung, sondern einzig der Glaube. Nur der Heilige Geist heiligt, und ihn können wir nur durch den Glauben bekommen (Gal. 3:2). Wie manche suchende Seele hörte ich schon um Heiligung beten, deren Ergebenheit und Aufrichtigkeit außer Frage stand, und doch ging sie innerlich leer davon, weil sie sich nicht im Glauben Gottes Verheißung aneignete. Gottes Weg ist der Weg des Glaubens; und ohne Glauben ist es unmöglich, ihm zu gefallen (Hebr. 11:6). Die Brücke, die uns von dem wüsten Land des einen Jordanufers hinüber in das versprochene geistliche Kanaan führt, heißt „Glaube“! Wenn wir jenes Land durch diese Brücke nicht erreichen, dann sterben wir in den Einöden des Unglaubens. Es gibt keinen anderen Weg!

Die Weisheit Gottes war es, die den Weg des Glaubens er­dachte, um die Segnungen der Erlösung zu erreichen. Auf keinem anderen Wege wäre sonst dieses herrliche Gut für alle Menschen erreichbar. Wären Kultur, Bildung, soziale Stellung oder Reichtum imstande die Seele zu retten, wie mancher müsste dann dahinten bleiben, und gerade für den Armen wäre kein Platz im Reiche Christi. Der Glaube ist der einzige Weg zu Gott und auch der beste. Versuche nicht, auf einem anderen Weg das Ziel zu erreichen. Wirf deinen Unglauben fort und nimm Gott bei seinem Wort.

Eine andere aufrichtige Seele mag sagen: „Lange habe ich die Erfahrung der Heiligung gesucht. Doch wenn ich Leute von einer wunderbaren Gefühlsäußerung reden höre, die sich in Jauchzen und anderen äußeren Kundgebungen bemerkbar machte, so empfinde ich, dass ich einen Mangel an solchen freudigen Gefühlen habe. Dann beschleicht mich Unzufriedenheit und ich wünsche, dass auch ich mich solcher Kundgebungen erfreuen könnte.“

Gegen solche Gefühlsäußerungen und begeisterte äußere Kundgebungen ist nichts einzuwenden, wenn sie vom Geist Gottes gewirkt werden. Ich fürchte aber, das all dein Suchen und Sehnen nach solchen Dingen dich beeinflusst, von der wunderbaren Kraft des Glaubens hinwegzuschauen oder ihn sogar ganz zu vernachlässigen. Hast du dich dem Willen Gottes vollkommen geweiht und dich im Glauben auf die Verheißung Gottes gestellt, dann erhältst du das, was er versprochen hat. Und wenn du dabei noch die obenerwähnten Gefühlskundgebungen erlebst, dann ist es gut. Aber merke wohl, nie wirst du den Heiligen Geist noch seine heiligende Kraft verspüren, wenn du nicht wahren Glauben übst. Ohne Glauben ist es unmöglich, den Geist Gottes zu empfangen. Wenn du dich bis zu den Gefühlsausbrüchen der Begeisterung hin aufarbeitest und dich dann der Täuschung hingibst, den Heiligen Geist empfangen zu haben, nützt es dir nichts. Bedenke auch, dass dieses immerwährende Anstrengen zur Erreichung solcher Gefühle mit der Zeit entmutigt, und dass nach einer bestimmten Zeit die Enttäuschung folgt. Merke: wenn du in dieser Einstellung beharrst, dann machst du selbstsüchtige Anstrengungen. Dein Bemühen ist genau so vergeblich, als wenn du Wasser aus einem trockenen Brunnen schöpfen wolltest.

Nun sagt jemand: „Ich habe mich dem Herrn geweiht und geglaubt, und doch empfing ich den Heiligen Geist nicht. Was hindert Gott, seine Verheißung bei mir einzulösen?“ Wir müssen glauben, dass Gott sein Wort hält. Was waren deine Erwartungen, als du um Heiligung batest? Hat Gott dir nicht versprochen, seinen Geist zu schenken? Vielleicht hast auch du auf gewisse äußere Kundgebungen gewartet. Erinnere dich doch, dass der Heilige Geist eine Person ist. Empfange ihn wie du Christus empfingst, als du deine Sünden bekanntest und an ihn glaubtest. Nimm doch geradeso den Heiligen Geist in dein Herz, dein Gemüt, deine Gefühle und deinen Willen auf. Der Heilige Geist führt uns in das Leben der Gerechtigkeit und Heiligkeit. Er gießt die Liebe Gottes in unsere Herzen aus. Er führt uns in alle Wahrheit. Er lehrt uns, wie wir uns Gottes Willen unterwerfen sollen. Er ist es, der unsere Herzen reinigt, der uns züchtigt, ermahnt, der in uns webt und lebt, wenn wir im Gebet so recht mit ihm verbunden sind. Er war es, der um uns warb, als wir noch fern von Gott waren, der uns von unseren Sünden überzeugte und uns zu Christus führte. Es ist der gute Geist, der das sehnsüchtige Verlangen und den Hunger und Durst nach Reinigung in dein Herz legte. Es ist seine Arbeit und sein Wirken, die dich in den Stand setzen, die Verderbtheit deiner sündigen Natur zu erkennen, um dich dann in dieses tiefere Gnadenwerk zu führen. Und dann ist er dir ja auch gar kein Fremder mehr. Wie oft hörtest du schon seine Stimme! Gerade jetzt möchte er vollen Besitz von deinem Herzen nehmen. Ergib dich ihm, unterwirf dich seiner Führung, lass ihn dein Lehrer sein. Nimm ihn an als den, der dich durch und durch heiligt, folge seiner Führung und ruhe nicht eher, bis du weißt, dass dein Wille völlig dem seinen übergeben ist. Achte nicht so sehr auf äußere Kundgebungen. Der Heilige Geist ist besser und herrlicher als irgendeine Kundgebung deiner Gefühle.