Das Leben der Ansiedler

Es liegt in der Natur des Deutschen, dass er die schwerste Arbeit und Schwierigkeit nicht scheut, noch davor zurückschreckt. So fürchteten auch unsere Vorfahren nicht die Mühe und Arbeit und ließen sich in der verwüsteten Weichselniederung nieder.

Im früheren Russisch-Polen waren auch deutsche Siedlungen in Kujawin, Lippno bei Rupin, Wloclawek und daran anschließend am Südufer der Weichsel bis vor Warschau. Von besonderer Bedeutung sind die Wandlungen, die durch die Tätigkeit der Menschen im Weichseltal vor sich gegangen sind. Zuerst finden wir den Weichselstrom als den, der alle Verhältnisse bestimmte. Die ersten Ansiedler konnten seiner nicht Herr werden. Wohl wagten sie sich auf die Reste der höherliegenden Terrassen, um dort Fischereinsiedlungen zu gründen. Aber die eigentlichen Niederungen konnten sie dadurch nicht besiedeln.

Als in der Völkerwanderungszeit die Germanen das Feld den Slawen überließen, blieben die Verhältnisse in dieser Hinsicht dieselben. Mit seinen dürftigen Ackergeräten konnte der Slawe nur den lockeren Sandboden bearbeiten. In den Niederungen hatte der Strom aber mittlerweile, nachdem er sein Bett genügend ausgetieft hatte, den fruchtbaren Schlick aus sandigem Ton abgelagert. Es kam nun darauf an, diese Flecken vor den Fluten des Stromes, nämlich selbständigen Flussverlegungen und Überschwemmungen, zu schützen. Diese Überschwemmungen geschahen dreimal jährlich: gewöhnlich im April, (die fast 2 Wochen dauerte), dann um Johanni und die dritte vier Wochen später. Diese gewaltige Kulturarbeit der Eindämmung ist von den deutschen Siedlern und Bauern begonnen worden. Die deutschen Anwohner halfen sich gegenseitig so gut sie es konnten, um diese Arbeit und die Einrichtungen systematisch durchzuführen. Sie richteten auch ihre Wohnungen und Ställe so ein, dass sie auf den Oberetagen wohnten, und auch über den Ställen das Vieh hinaufbringen konnten. Zu jener Zeit gab es noch kein Telefon, durch das Hilfe herbeigerufen werden konnte. Das Wasser kam oft ganz plötzlich in der Nacht, wenn alles schlief, auf den Hof, in die Zimmer und in die Ställe. Die Ställe hatte man gewöhnlich mit den Wohnhäusern zusammen gebaut. Die Schlafzimmer waren an der Stallwand eingerichtet, damit man in solch einem Fall alles hören und schnell zur Hilfe kommen konnte. Das Vieh meldete das Steigen des Wassers durch Brüllen an, so haben es mir die Nidrunger Bauern erzählt. Eine Treppe, von Brettern zusammengenagelt, wurde dann heruntergelassen und das Vieh von den Ketten und Stricken losgebunden. Dann kletterte ein Stück Vieh nach dem anderen nach oben. Dort blieben sie, bis das Wasser wieder verschwunden war.

Der Erdboden war fruchtbar. Somit war es auch leicht, Gemüse und Obst anzubauen.