Gottes wunderbarer Schutz vor einer drohenden Gefahr und die Erweisung seiner Heilkraft an einem kranken Kind

Als ich vor Jahren mit den Brüdern Bolds und Schell den Staat Mississippi durchreiste, hielten wir auch in der Nähe des Ortes Renfroe mehrere Gottesdienste ab. Ein Mann erwartete uns an der Bahn, um uns an Ort und Stelle zu geleiten. Unterwegs erzählte er uns, dass jener Ort der verrufenste im Lande sei. Eine Anzahl junger Burschen, die fast immer betrunken seien, trieben dort ihr Unwesen. Vergangene Nacht hätten sie eine blutige Schlägerei veranstaltet, wobei Pistolen und Messer im Gange waren. Zwei seiner Söhne hätten sie verprügelt und mit Messern bearbeitet. Diese Rohlinge hätten nun gedroht, jede religiöse Versammlung, die in diesem Teil des Landes abgehalten würde, zu zerstören.

Es war mitten im Winter und ungewöhnlich kalt. Der Hunger nach Gottes Wort aber war an diesem Ort groß und Abend für Abend war der Saal gefüllt. Eine allgemeine Sündenerkenntnis ergriff die Seelen.

Eines Abends, als wir gerade knieten und beteten, eilte ein Bote mit der Meldung zu mir, dass jene Horde auf dem Weg war, unseren Gottesdienst zu stören. Die uns drohende Gefahr wurde sogleich allen Anwesenden mitgeteilt und ernste Gebete stiegen zum Himmel, Gott möge doch den Anschlag jener Menschen vereiteln und ihnen nicht erlauben, den Ort der Andacht zu erreichen, es sei denn, dass sie mit friedlichen Absichten kämen. Mit der Gewissheit, dass er unser Flehen gehört hatte, erhoben wir uns von den Knien.

An jenem Abend ruhte die Kraft Gottes auf der Versammlung besonders. Am nächsten Tag erfuhren wir, dass die Raufbolde über einen Teich mussten, um zum Versammlungshaus zu gelangen. Nun war das Wasser gefroren und die Eisdecke so glatt, dass die Männer sich in ihrer Trunkenheit vergeblich bemühten, sie zu überqueren. Jeder Versuch endete mit einem Sturz aufs Eis und immer wieder glitten sie zum jenseitigen Ufer zurück. Auch ihr Versuch, sich in einer Kette hinüberzubewegen, wobei einer den anderen schob, misslang. Nachdem sie sich 1½ Stunden vergeblich bemühten, gaben sie ihren Plan auf. Sie konnten es nicht begreifen, warum sie immer nur bis zur Mitte der Eisfläche und nicht weiter gelangten, wo sie doch so ganz leicht immer wieder ans jenseitige Ufer zurückglitten. Als wir von dem Misslingen ihres Planes erfuhren, wussten wir, dass dies die Antwort auf unsere Gebete war.

Am nächsten Morgen beschlossen diese Männer, weniger zu trinken, um dann abends in der Versammlung ihr Vorhaben auszuführen. Am Abend standen die Anführer inmitten der dichtgedrängten Zuhörer, bereit zu ihrer bösen Arbeit. Ein sehr ernster Gottesdienst begann. Mit göttlicher Kraft und Autorität wurde das Wort vom Kreuz verkündigt. Der Gesang der Gemeinde erfüllte den Raum und der Geist des Herrn arbeitete an den Herzen der Zuhörer. Als der Bußruf erscholl, kamen 39 Männer und Frauen weinend nach vorn, um Frieden für ihre Seelen zu suchen. Und welch ein Wunder: Der Anführer und ein weiteres Mitglied jener Bande lagen jetzt auf ihren Knien. Nach heißem Gebetskampf stand der Mann auf und sagte, er habe ein Bekenntnis abzulegen. Mit von Tränen erstickter Stimme sagte er: „Ich bin der schlechteste Mann in diesem ganzen Lande“.

Dann berichtete er von ihrem Vorhaben am Abend zuvor, wie es jedoch misslang und dass sie an diesem Abend gekommen waren, um ihren Plan zu verwirklichen. Seine Sündenschuld sei so groß, sagte er, dass er nicht wisse, ob Gott solch einem Sünder vergeben könne. Dann aber suchte er Gott mit viel Gebet und Tränen. Und dieser harte Mann fand noch an jenem Abend Frieden. Er stand auf, lobte und pries Gott und ging dorthin, wo seine Kameraden standen. Mit bewegten Worten flehte er und ermahnte sie, sich von Jesus retten zu lassen, um ein neues Leben zu beginnen. Und ein neues Wunder geschah: Die Hälfte seiner Genossen suchte noch am gleichen Abend Frieden mit Gott und wurde errettet aus Sünde und Schande. Die anderen verließen den Raum und belästigten uns nicht mehr.

Wenige Tage später kam am Schluss eines Taufgottesdienstes ein Bote und bat uns, für ein krankes Kind zu beten. Wir warteten noch auf Bruder Schell, als ein zweiter Bote kam und uns zu größter Eile mahnte, da das Kind bereits im Sterben liege. Als wir ankamen, lag die Kleine sterbend im Schoß der Mutter. Vor den beiden stand ein uns unbekannter Mann und der Bruder des kranken Kindes. Beide waren große Männer und wohl Angehörige unserer Gegner. Wir hörten, wie der Bruder des Kindes zur Mutter sagte: „Es ist unverantwortlich von dir, dass du zu dem kranken Kind keinen Arzt rufst.“ Sie entgegnete, dass dazu keine Gelegenheit gewesen sei, und hätte sie es getan, wäre es doch zu spät, da es mit ihrem Kind bereits zu Ende ginge. Sie bat uns, dem Kind die Hände aufzulegen und sogleich für die Kranke zu beten.

Die Mutter war in ihrem geistlichen Leben nicht immer so ergeben gewesen, wie sie es hätte sein sollen. Darum fühlten wir uns veranlaßt, an sie einige Fragen hinsichtlich ihrer Übergabe zu richten. Freundlich baten wir darum die zwei Männer, das Zimmer für einige Minuten zu verlassen. Sie gingen hinaus, konnten jedoch von einem Fenster aus die Vorgänge im Zimmer beobachten, ohne zu hören, was wir sagten. Ernstlich ermahnten wir die Schwester hinsichtlich ihres geistlichen Wandels, und sie versprach, von nun an ihre Pflicht als christliche Mutter zu erfüllen. Dann aber bat sie flehentlich: „Bitte, betet für mein Kind, sonst stirbt es.“ Wir legten unsere Hände auf die Kleine, widerstanden der Krankheit und der Macht des Todes und baten den Herrn, ihr die Gesundheit zu schenken.

Dann luden wir die beiden Männer ein, wieder hereinzukommen. Sie standen vor dem Kind, das scheinbar leblos dalag. Einige Augenblicke standen sie wortlos da, da öffnete das Kind die Augen und schaute in das Antlitz der Mutter. Während sie noch dastanden, setzte sich die Kleine aufrecht hin und fragte nach ihren Schuhen. Von Staunen und Verwunderung überwältigt, sagte der Bruder: „Nie hätte ich das geglaubt, wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen hätte.“ Zwei Stunden später nahm der Vater sein Kind mit zum Versammlungssaal und auf dem Wege dorthin bat die Kleine, im Schnee spielen zu dürfen. Von Stund an war sie gesund.