Mein Gebetsraum

Mehr als 20 Jahre lag in unserem Verlagshaus mein Gebetskämmerlein neben meinem Arbeitszimmer. Zu jeder Tageszeit konnte ich dort Gemeinschaft mit dem Herrn pflegen und oft war es auch nachts mein Zufluchtsort.

In diesem Zimmer habe ich manch schweren Kampf durchgefochten und den Sieg errungen. Hier kämpfte ich gegen die Anläufe des Satans, rang in Versuchung und Not, hier löste der Herr manch verwirrtes Lebensproblem. Wieviel geschäftliche und religiöse Fragen wurden hier meinem Gott dargelegt und von ihm beantwortet! Dieser Raum wurde ein heiliger Ort für mich, ja, oft denke ich, es ist der heiligste Ort auf Erden, weil in seinen vier Wänden so viele Siege errungen wurden.

Dies erinnert mich an das Erlebnis eines Mannes, der einst einer Erweckungsversammlung des Evangelisten Moody beiwohnte. Sein Herzenswunsch war, eine gute geistliche Erfahrung zu besitzen, nach der er sich schon seit Jahren vergebens ausgestreckt hatte. An jenem Tag wurde er unter dem Wort Gottes so von seiner Sündenerkenntnis erfasst, dass es ihn nicht mehr unter den Menschen hielt. Draußen, an einem einsamen Ort, wo nur Gott ihn hören konnte, kniete er sich hinter einem Baumstumpf zu ernstem Gebet nieder. Er übergab sich hier seinem Herrn und konnte von nun an glauben, dass ihm die Sünden vergeben waren. Der Friede Gottes zog in seine Seele ein und laut begann er den zu preisen, der ihn von Sünden befreit hatte und sein Herz mit Freude erfüllte. In jenem Gottesdienst aber waren noch mehr Menschen, die sich wegen ihres ständig schwankenden geistlichen Zustandes ebenso nach einer wahren Begegnung mit dem Herrn sehnten. Abends ging unser Freund wieder zum Gottesdienst und als er Gelegenheit bekam, ein Zeugnis abzulegen, stand er auf und sagte: „Ich glaube, wenn ihr, die ihr noch keine befriedigende Herzenserfahrung gemacht habt, hinaus aufs Feld zu jenem Baumstumpf geht, dann könnt auch ihr euer Heil finden und einen völligen Sieg erringen.“

Dieser Ort war ihm der heiligste auf der Welt geworden, denn dort hatte er sich seinem Herrn übergeben. Da, wo wir uns bedingungslos unserem Herrn ausliefern, wird er uns mit seinen Segnungen überschütten, sei es in unserm Kämmerlein oder an einem anderen Ort. Der Ort, an dem wir unsere schwersten Kämpfe hatten, und wo wir unsere größten Siege errangen, wird uns stets der heiligste sein. Darum wurde auch mein Gebetskämmerlein für mich eine heilige Stätte. Als ich dort auf meinen Knien lag, schenkte mir der Herr Licht über Dinge, die ich mit meinem Verstand nicht hätte ergründen können. Wie viele Botschaften für die Gottesdienste empfing ich hier vom Herrn! Hier auf meinen Knien schenkte mir Gott die Gedanken für meine Aufsätze, die zur Veröffentlichung in der „Evangeliums Posaune“ bestimmt waren. Hier empfing ich die Umrisse für manches Buch, die Form, die ich vorher vergeblich gesucht hatte.

Doch nicht ich allein pflegte hier den Umgang mit Gott. Auch für viele andere wurde er ein Ort des Trostes und der Erquickung. In verschiedener Weise offenbarte sich hier die Kraft Gottes an den Menschen. Viele Sünder fanden hier Rettung und Befreiung von ihren Sünden, andere machten hier die Erfahrung der Heiligung, und viele fanden die Heilung des Leibes. Im Laufe der Jahre hatten nicht nur Hunderte, sondern Tausende Zutritt zu diesem Gebetsraum.

Es ist mir an dieser Stelle nicht möglich, all die wunderbaren Offenbarungen der Kraft Gottes aufzuzählen, durch die sich der Herr in diesem Zimmer verherrlichte. Eines Tages brachte ein Mann seinen Sohn, der an Knochentuberkulose litt. Er mochte 8 Jahre alt gewesen sein. Seit seiner frühesten Kindheit war er krank gewesen. Zuzeiten konnte er sich nur mit Krücken mühsam fortbewegen. Der Junge hatte von anderen gehört, dass sie hier auf das Gebet des Glaubens hin gesund geworden waren, und er glaubte, was Gott für andere tat, würde er auch für ihn tun. Gläubig war er nun gekommen und erwartete die Hilfe vom Herrn.

Die anwesenden Gläubigen scharten sich um das Kind und flehten ernst zu Gott, doch nichts geschah. Der Knabe verharrte sitzend in der Mitte des Zimmers. Er wollte hier verweilen, bis der Herr ihn gesund gemacht hatte. Und Gott belohnte seinen und auch der anderen Glauben. Nach nochmaligem Gebet sprang er auf seine Füße und konnte zum ersten Mal seit Jahren wieder richtig gehen. Seine zurückgelassenen Krücken haben noch viele Jahre die Wände des Gebetszimmers geschmückt. Der Geheilte ging dann die Treppe hinunter, durch die Buchbinderei und andere Räumlichkeiten. Mit besonderem Interesse betrachtete er die Setz- und Druckmaschinen. Er weigerte sich, zum Bahnhof gefahren zu werden und bestand darauf, zu Fuß zu gehen, da er ja nun gesund sei.

Einst kam ein junges Mädchen aus Columbus, OH, das hoffnungslos an Lungentuberkulose erkrankt war. Durch das Lesen des Buches „Göttliche Heilung der Seele und des Leibes“ hatte sie den Glauben gefasst, dass Gott auch sie heilen werde, wenn ihr auch kein irdischer Arzt helfen konnte.

Nach Jak. 5:14-15 wurde sie gesalbt und wir beteten für sie. Danach stand sie auf, erhob ihre Hände zum Himmel und rief: „Ich hin geheilt!“ Als sie jedoch nach Hause kam, zog sie sich eine Erkältung zu und die Krankheit schien wieder aufzuflackern. Aber ihr Glaube wurde belohnt und bald war sie völlig gesund. Einige Jahre später war ich ihr Gast. Sie war völlig gesund und erfreute sich ihrer Gotteskindschaft.