Sehenswertes im Kaukasus

Mit einigen Brüdern fuhr ich eines Nachts zum Jahrmarkt nach der alten Stadt Kisslar. Unser Weg führte uns durch eine Sumpfniederung. Plötzlich befanden wir uns in einer dort vollgeschöpften und sich emporwindenden Nebelwolke. Mit Tagesanbruch kamen wir dann in ein Tatarendorf, gerade zur Zeit ihrer Anbetung. Dazu stieg der Mula (Priester) mitten aus dem Tempel. Er öffnete über sich das Dach, welches so eingerichtet war, dass er den Kopf herausstecken konnte. Er legte die Hände so an den Mund, dass es besser schallte und rief: „Halla!“ Dieses ist das Zeichen für die Zeit der Anbetung.

Als wir etwas weiter neben einem Wasser waren, fragte mich der Fuhrmann, ob ich die Lebewesen im Wasser erkenne. Ich meinte, dass es wohl Enten oder eine Art Vögel seien. Aber als wir näher kamen, sah ich, dass es Büffelvieh war. Diesem war es auf dem Wege zum Markt zu warm geworden. Jetzt lagen sie im Wasser und hielten nur die Spitze des Maules heraus. Ähnliches sah ich auch, als wir gleich in die Stadt Kisslar kamen. In den ungepflasterten Straßen, begünstigt durch den lehmigen Boden, sind an manchen Stellen große Löcher entstanden, in denen Wasser war. Wenn die Büffel nur entkommen können, verstecken sie sich in diesen. Besonders gern tun sie dieses an heißen Tagen.

Sehr interessant war für mich der etwa 10 Quadratkilometer große Pferdemarkt. Dahin werden die Pferde nicht an Stricken oder Zäumen geführt, sondern bis hunderte zusammen in Tabunen (Herden) getrieben. Die Hirten und Markthelfer, auch die Käufer und Verkäufer sitzen alle auf Pferden. Der Tabun schließt sich fest zusammen, so dass niemand und nichts so leicht dazwischenkommt. Das Besichtigen der Pferde kann auch nur von der Seite geschehen. Der Verkäufer weiß schon und rechnet auch damit, dass er die Pferde, ob es Reit- oder Ziehpferde sind, aufgezäumt aushändigen muss.

Der Hirte stammt gewöhnlich aus dem Volksstamm der Nageier. Er ist im Pferdefangen sehr geübt. Die Pferde sind die Freiheit gewöhnt, keine Menschenhand hat sie bis jetzt festgehalten. Der Hirte wirft mit einem langen Stock die Schlinge dem gekauften Pferd um den Hals, und hält am anderen Ende fest. Erst in Todesangst verlässt das Pferd die Herde. Der Reiter, dessen Pferd gut geübt ist, reitet ihm nach. Muss er aber, umständehalber, den Strick loslassen, fängt er das schleppende Ende der Schlinge während des stürmischen Jagens sofort wieder.  Dann hemmt er den Strick immer mehr, bis es das Pferd würgt und es hinfällt. Sein Pferd bleibt daneben stehen. Der Reiter begibt sich geschwind auf das liegende Pferd, fesselt ihm die Füße, bis er ihm den Sattel und Zaum von seinem Pferd aufgelegt hat. Während das Pferd nach Lösen der Fußfessel aufspringt, sitzt der Reiter schon drauf. Sein Pferd kommt ihm nach. Nachdem sich das Pferd müde gelaufen hat, fängt der Reiter an, es langsam zu steuern. Sonst würde es sich hinwerfen. Nach etwa einer halben Stunde ist es gebrauchsfähig. Weil ich kein Reitpferd hatte, hielt ich mich meist auf dem Wagen auf. Zu Fuß über den Marktplatz zu gehen, war zu gefährlich.

Ich sah ein Pferd, dem der Genickknochen gebrochen war. Der Kopf hing ihm wie ein Schwanz herunter. In diesen seinen Schmerzen lief es herrenlos herum. Es lagen verschiedentlich auch kranke und zum Tode gekommene Tiere herum. Die mitgekommenen Hunde hatten an ihnen ihre Nahrung.

Im Freien lagen auch hier und da Weinfässer. Auch waren da Buden mit Kalatsch (hohes, von Weizenmehl gebackenes Brot). Ferner gab es da Millionen von Aprikosen, Pfirsiche und andere kaukasische Früchte. Sie lagerten in großen Mengen.