Ganz

Schon in der Jugend goldnen Tagen

Zog mich die Gnade himmelwärts,

Ich hörte meinen Heiland sagen:

„Gib mir, mein Kind, gib mir dein Herz!“

„Ja“, sprach ich, denn mein Herz entbrannte.

Ich gab mich hin, fand Heil und Glück;

Doch ohne dass ich’s recht erkannte,

Hielt ich das halbe Herz zurück.

 

Und lauter klang des Heilands Werben:

„Gib mir das ganze Herze dein!

Du musst dem eignen Leben sterben,

Willst du in Wahrheit selig sein“.

Ich spürt es wohl, das alte Wesen

Hielt mich gebunden noch zu sehr.

Ich rief: „Herr, lass mich ganz genesen

Und nimm mich dir zu eigen mehr!“

 

Er hört’ mein Flehn. Und immer klarer

Drang in mich seines Lichtes Schein,

Und tiefer ward mein Wunsch und wahrer,

Nur einzig ihm geweiht zu sein.

Und heute soll’s in Demut schallen

In seiner Gnade hellem Glanz:

„O Jesu, Schönster unter allen,

O Jesu, dir gehör ich ganz!“

 

Er hat sich ganz für mich gegeben,

Verließ für mich des Vaters Haus.

Er hat für mich sein Blut und Leben

Am Kreuze ganz gegossen aus.

Und ich? Ich sollte sein’ vergessen

Um eitle Ehre, Lust und Tanz?

Ich sollte zaudern, wägen, messen?

O nein, mein König, nimm mich ganz!

 

Ein halbes Herz hat halben Frieden,

Ein ganzes Herz hat ganze Ruh.

Ganz will ich sein für dich hienieden,

Und ganz für mich, o Herr, sei du!

Bis deine durchgegrabnen Hände

Mir reichen einst des Lebens Kranz,

Lass mich von heut an bis ans Ende

Dir folgen treu und froh und ganz!