Drahtlose Botschaften

Der Telegraph, die wunderbare Erfindung Marconis, sendet oft die drahtlose Botschaft „SOS“ über die Meere. Es sind die ersten Buchstaben der Wörter „Save, o save“, das heißt: „Rettet, o rettet!“ Sie zeigen an, dass ein Schiff brennt oder am Sinken ist. Auch der Herr sendet seinen Kindern oft solche drahtlose Botschaften und kündigt an, dass jemand in großer Gefahr ist und dringend Hilfe braucht.

Vor einigen Jahren saß ich eines Abends am Schreibtisch, als mich ein eigenartiges Gefühl überkam, durch das ich aufs Äußerste erschreckt wurde. Mein Gemüt wurde so beschwert, dass ich meine Arbeit einstellen musste. Die Ursache meiner Gefühle und meiner Bürde kannte ich nicht. Ich war zu unerfahren in diesen Dingen, um zu wissen, dass es Gott war, der mir die Not anderer auf die Seele legte. Meine Bürde nahm immer mehr zu. „Ich habe den Herrn betrübt“, dachte ich und begann, mich zu durchforschen, doch nichts Derartiges wurde mir bewusst. Ich bat Gott, mir die Ursache meines Zustandes zu zeigen.

Sogleich vernahm ich im Innern eine Stimme mit solcher Deutlichkeit, als hörte ich gesprochene Worte. „Bruder Warner und seine Mitarbeiter werden sich in kürzester Zeit in großer Gefahr befinden“, lautete der Ruf. (Der Bruder befand sich mit mehreren Mitarbeitern auf einer Missionsreise durch Kansas und die angrenzenden Staaten.) Die Botschaft war so deutlich und eindrucksvoll, dass ich sogleich auf meine Knie ging, Gott ernstlich um Schutz anrief und ihn bat, sie aus der drohenden Gefahr zu erretten. Sogleich wich die Bürde von mir. Ich kehrte an mein Pult zurück und schrieb einen Brief an Br. Warner, in dem ich ihm von meiner eigenartigen Erfahrung berichtete.

Wenige Tage später erhielt ich einen Brief von ihm, der meine  Erfahrung bestätigte. Wenige Stunden nachdem ich die Botschaft von Gott empfing, gerieten sie auf ihrer Fahrt durch Kansas in einen furchtbaren Sturm. Es schien, dass der stark schwankende Wagen durch die Wucht des Sturmes jeden Augenblick von den Schienen geweht würde. Mitten in Sturm und Dunkelheit stieß dann ihr Zug mit einem Güterzug zusammen. Die Lokomotive wurde stark beschädigt, doch niemand kam ums Leben. Bruder Warner schrieb weiter, dass sie zu der Zeit, als ich, tausend Meilen von ihnen entfernt, durch die Stimme Gottes vor der drohenden Gefahr gewarnt wurde, noch keine Ahnung davon hatten, was ihnen begegnen würde.

Diese Erfahrung erinnert mich an die Botschaft, die Paulus eines Nachts durch eine Vision empfing. Auch sie war gleich dem Notruf: „Rettet, o rettet!“ Er sah einen Mazedonier, der ihn anflehte: „Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns!“ Die Botschaft, die Paulus auf diese Weise aus himmlischen Höhen erhielt, war so klar und eindrucksvoll, dass er sofort Vorbereitungen für die Reise traf. Bei seiner Ankunft fand er, dass er sich nicht getäuscht hatte. Die Leute in jenem Land waren in großer geistlichen Not und bedurften dringend der Hilfe. Sobald Paulus ihnen das Wort verkündete, übergaben die Seelen sich willig dem Herrn. Während nun Paulus, dem Rufe seines Herrn folgend, in Mazedonien weilte, geschah es, dass er aus einer Magd einen Wahrsagergeist austrieb. Das war eine gewaltige Offenbarung der Kraft Gottes, die zur Folge hatte, dass unter dem Volk eine große Erregung entstand. Paulus und Silas wurden die Kleider vom Leibe gerissen und beide wurden gestäupt und in den Kerker geworfen.

Doch sie waren so überzeugt, dass die Botschaft, die sie empfangen hatten, von Gott war, dass sie trotz dieser grausamen Behandlung nicht den Mut verloren. Als sie nun mit blutendem Rücken dalagen, die Füße im Stock und kaum imstande, sich zu bewegen, erfüllte die Herrlichkeit Gottes ihre Herzen, und sie taten das Beste, was sie in dieser Lage überhaupt hätten machen können. Sie beteten zu ihrem himmlischen Vater, lobten und priesen ihn. Sogar die Gefangenen hörten sie. Aber auch Gott hörte sie und ein gewaltiges Erdbeben erschütterte die Grundfesten des Gefängnisses. Alle Türen öffneten sich und sie wurden von allen Banden frei. Das, was in jener nächtlichen Stunde geschah, offenbarte dem Kerkermeister seinen sündigen Zustand, und in seiner Not rief der Mann: „Was soll ich tun, dass ich selig werde?“ Solch ein Werk konnte in Mazedonien getan werden, weil Paulus der Botschaft Gottes Gehör geschenkt hatte.

Als einst Petrus auf dem Dachboden betete, empfing er eine ähnliche Botschaft. Auch ihn traf ein „SOS“-Ruf, in das Haus des Kornelius zu gehen, in dem sich Menschen in großer geistlichen Bedrängnis befanden. Petrus tat so, wie ihm aufgetragen war, und seine Arbeit unter den Heiden begann.