Einige Erfahrungen bei Krankenbesuchen

Meine Besuche, die ich machte, um für die Kranken zu beten, waren von mancherlei Umständen und Erfahrungen begleitet. Einst wurde ich durch einen Brief gebeten, nach West Virginia zu kommen, um dort für einen Mann zu beten, der sehr schwer an Tuberkulose litt. Wie in dem Brief angegeben war, musste ich den Zug in einer kleinen Stadt verlassen, wo ein Auto zur Weiterbeförderung für mich bereit stehen sollte. Die Poststation war in dem Briefe mit M. angegeben worden, aber der Schreiber hatte nicht erwähnt, wie weit der Kranke vom Postamt oder von der Stadt entfernt wohnte, in der ich den Zug verlassen sollte.

In der kleinen Stadt angekommen, sah ich, dass ich mich in den Wäldern West Virginias, mitten in den Bergen befand. Das Städtchen oder Dörfchen bestand nur aus einigen Häusern. Ich fand kein Auto und sah, dass es auf diesen Straßen auch nicht fahren konnte. Als ich mich dann nach dem Mann erkundigte, den ich besuchen wollte, konnte mir niemand genügende Auskunft geben. Um zu jener Poststation zu kommen, von der der Brief abgesandt war, musste ich den Holzfällerzug benutzen. Oder ich konnte auch mit einem Omnibus fahren, der die gleiche krumme, schmalgleisige Bahnlinie als Fahrstraße benutzte, die zu den Bauholzlagern führte. Ich hatte nun die Wahl, 25 Meilen mit dem Zug zu fahren oder einen Fußweg von 15-18 Meilen durch die Wälder zu machen.

In diesem Städtchen traf ich nun zwei junge Bergbauingenieure. Ihr Reiseziel war eine Kohlenzeche, die in einer Entfernung von ungefähr zehn Meilen in den Wäldern lag. Da nun der Zug und der Reiseomnibus bereits fort waren, hatten wir keine Gelegenheit mehr, noch am gleichen Abend unser Ziel zu erreichen. Es war der 1. Juli. Wir erkundigten uns und erhielten den Bescheid, dass vor dem 4. Juli weder Zug noch Omnibus fuhr. Da entschlossen sich die jungen Leute, die Strecke zu Fuß zurückzulegen, und ich schloss mich ihnen an.

Wir ließen unsere Koffer auf der Station zurück und machten uns auf den Weg. Nachdem wir drei Meilen auf der Bahnlinie marschiert waren, mussten wir einen Berg ersteigen. Auf schlechten Wegen, die durch große Wälder führten, ging es bergan. Auf der Höhe angelangt, sahen wir einen kleinen Bauernhof. Der Farmer empfahl uns, auf der anderen Seite des Hofes unseren Weg fortzusetzen. Dort würden wir einen Pfad finden, auf dem wir auf der anderen Bergseite heruntersteigen könnten, um dann wieder die Bahnlinie zu treffen.

Nun fanden wir am anderen Ende der Farm zwei Tore, die wenige Ruten voneinander entfernt waren. Einer der jungen Männer ging zu dem weitergelegenen Tor und wollte auch uns veranlassen, diesen Weg zu wählen. Wir überredeten ihn jedoch, mit uns durch das erste Tor zu gehen. Bald fanden wir dann den Pfad, von dem der Farmer gesprochen hatte. Wir waren kaum eine Meile gewandert, da erklärte jener junge Mann, dass wir auf verkehrter Fährte seien und bestand auf unserer Rückkehr. Darauf kehrten wir zu dem Bauernhof zurück und erfuhren, dass wir den rechten Weg eingeschlagen hatten. Auf unserem Rückweg wurden wir dann durch einen heftigen Regen vollkommen durchnässt.

Kaum waren wir zwei Meilen durch die Wälder gewandert, als sich der Weg in alle Richtungen verzweigte. Wir wussten nicht, welcher von diesen Pfaden zu unserem Ziel führte. Jeder von uns schlug nun einen anderen Weg ein und schon nach kurzer Zeit hatte einer von uns ein Wegzeichen entdeckt, das unser Ziel anzeigte. So strebten wir dann wieder gemeinsam unserem Ziel zu. Nach einer Wanderung von ungefähr 8 Meilen trennten sich meine zwei Reisegefährten von mir. Nun schritt ich allein durch den Wald. Endlich traf ich einen Menschen. Auf mein Befragen nach der Poststation gab er mir nur die Richtung dorthin an. Ich wusste noch nicht, wie weit ich zu gehen hatte und wie der Weg dorthin führte.

Nachdem ich ungefähr zwei oder drei Meilen gewandert war, erreichte ich eine Landstraße. Wiederum traf ich einen Menschen, der mir ebenfalls nur die Richtung meines Zieles angeben konnte. Nach einer weiteren kurzen Wegstrecke erreichte ich ein Haus. Meine Hoffnung, vor einem heraufziehenden Unwetter Schutz zu finden, wurde leider zunichte. Im Donner des Gewitters wanderte ich noch ein Stück des Weges. Durchnäßt von dem immer stärker werdenden Regen war ich froh, als ich ein Schulhaus erreichte. Doch alle Türen waren verschlossen und die Fenster verriegelt. Ich kroch nun unter das Haus (die Bauart der amerikanischen Häuser machte das möglich), um so vor dem Regen geschützt zu sein. Es war jetzt ungefähr sechs Uhr abends und ich war bis auf die Haut nass. Dabei schien es, als würde der Regen auch über die Nacht anhalten.

Während ich so auf dem kalten Erdboden mit nassen Kleidern lag, fing ich an zu frieren. Es wäre unklug gewesen, hier zu verweilen, zumal mir auch Gefahr von den wilden Tieren des Waldes drohte. In meiner Not bat ich den Herrn, dem Regen Einhalt zu gebieten, damit ich meine Reise fortsetzen könne. Zwanzig Minuten später hörte es auf zu regnen. Die Wolken verteilten sich und ich eilte weiter. Schon nach kurzer Zeit erreichte ich eine sich vielfach krümmende Landstraße. Wieder begegnete ich jemandem und durch weiteres Fragen erfuhr ich dann, dass ich noch eine Meile vom Postamt entfernt wäre.

Bei meiner Ankunft sah ich nur zwei Gebäude. In dem einen wohnte der Postmeister, das andere diente als Vorratsraum und Postamt. Sogleich fragte ich den Postmeister nach Herrn E. Es war ihm jedoch niemand mit diesem Namen bekannt. Als ich dann dem Beamten sagte, dass ich einen Brief und ein Telegramm an Herrn B. gesandt hätte und er unbedingt in der Nähe wohnen müsse, schaute er in den Briefkasten und fand dann auch bald das noch nicht zugestellte Telegramm. Der Brief war am Nachmittag bereits zugestellt worden. Ein junger Mann sagte mir dann, er kenne Herrn E. Er wohne in dem vier Meilen entfernten Ort Cabin Creek. Die Sonne stand bereits sehr tief.

Nachdem ich ungefähr eine Meile in der angegebenen Richtung zurückgelegt hatte, war es dunkel geworden. Da ich über meine weitere Wegrichtung im Zweifel war, suchte ich Zuflucht in einem Haus, das ich am Berge erblickte. Ich fand darin eine Frau, die auch nicht genau wusste, wo der Mann wohnte. Nach ihrer Aussage musste ich noch ungefähr zwei Meilen durch die Wälder immer entlang der Bahnlinie bis an eine Straßengabelung gehen. Dort würde ich den Weg angezeigt finden. Von ihr erfuhr ich dann, dass ich bereits über fünfzehn Meilen zurückgelegt hatte. Ich war von dem langen Fußmarsch so mitgenommen und vollkommen durchnässt, dass ich nur mühsam meinen Weg in der Dunkelheit fortsetzen konnte.

Auf der Bahnlinie angekommen, beschleunigte ich meine Schritte, hatte bald die angegebene Stelle erreicht und sah dann ein Licht. Ich ging darauf zu und fand eine Hütte, wo ich mich nach dem Weg erkundigen konnte. Nochmals musste ich eine Meile entlang die Bahnlinie laufen. Doch hier traf ich bald zwei Männer an. Auf mein Befragen sagten sie mir: „Der Mann, den Sie besuchen wollen, wohnt dicht hinter der Gleisbiegung.“ Freundlich begleitete mich einer der beiden bis an mein Ziel. Obwohl es finstere Nacht war, hatte der Herr mich in den Stand gesetzt, meinen Weg durch die Wälder jenes fremden Landes zu finden.

Der Mann lag im Bett und sagte, dass er schon seit vier Jahren nicht arbeiten könne. Ich sprach dann und betete mit ihm bis um elf Uhr. Und der Herr sandte seine Heilkraft und machte den Mann gesund. Müde und zerschlagen legte ich mich nun zur Ruhe, aber erst bei Tagesanbruch konnte ich Schlaf finden.

Ehe ich am nächsten Morgen aufstand, war mein Gastgeber schon auf den Beinen. Er war schon so kräftig, dass er umhergehen und sich seiner Gesundheit erfreuen konnte. Dann beteten wir auch für sein fieberkrankes Kind und auch hier durften wir die Hilfe Gottes erfahren. An jenem Morgen übergab sich auch die Frau des Mannes dem Herrn. Dann wies sie auf ihren Mann und sagte: „Ich glaube, der Tabak ist für meinen Mann noch eine große Plage.“

„Sie rauchen also?“, fragte ich ihn.

„Ja“, sagte er, „was soll ich jedoch tun? Gar oft schon versuchte ich davon loszukommen, aber es ging nicht.“

„Ich werde Ihnen sagen, was Sie zu tun haben. Das Wort Gottes sagt in 1.Kor. 10:31: ‚Ob ihr nun esst oder trinkt oder was ihr tut, das tut alles zu Gottes Ehre‘. Wenn Sie nun zur Ehre Gottes Tabak rauchen oder kauen können, dann mögen Sie damit fortfahren.“

„O, das könnte ich niemals“, sagte er.

„Dann müssen Sie auch von diesem Laster ablassen.“

Eine Woche später empfing ich einen Brief von ihm, in dem er schrieb: „Mein Heim ist jetzt ein ganz anderes. Meine Frau ist ein Kind Gottes geworden, mein Kind war nicht eine Minute länger krank, nachdem Sie für es gebetet haben. In zwei oder drei Tagen werde ich wieder arbeiten und vom Tabak bin ich frei.“ Als ich das gelesen hatte, fühlte ich mich für meine gefährliche Reise reichlich belohnt.

Ein anderes Erlebnis hatte ich in Missouri. Spät in der Nacht verließ ich an einem kleinen Bahnhof den Zug. Es war Winter. Ein Bahnhofsbeamter hatte den Ofen des sehr bescheidenen Wartesaales mit Kohlen gefüllt, damit der Raum bis zum Morgen warm bleiben sollte. Dann hatte er den Kohlenbehälter in sein Zimmer eingeschlossen und ging fort. Nun saß ich dort allein, mitten in dunkler Nacht. Draußen war es sehr kalt. Der nächste Zug kam erst am anderen Morgen um sieben Uhr.

Zu meinem Glück hatte ich in meiner Reisetasche eine Wolldecke, die ich um mich wickelte. Doch das Zimmer wurde nicht genügend warm und ehe es Tag wurde, war das Feuer ausgegangen. Als dann die Ankunftszeit des 7-Uhr-Zuges herankam, füllte der Angestellte den Ofen wieder. Als ich mich dann nach dem Platz erkundigte, an dem ich für einige Kranke beten sollte, erfuhr ich, dass ich noch sechs Meilen weiter ins Land über schlechte, gefrorene Straßen wandern musste, um ans Ziel zu kommen. Der Morgen war bitterkalt.

Als ich dann aber am Ziel angelangt war, war der Segen des Herrn auch spürbar nahe, und der Herr half den Kranken. Nachmittags musste ich weitere sieben Meilen zurücklegen, um von dort mit dem Zug heimzufahren.

Ein Mann aus dem Staat Ohio sandte einst nach mir. In seinem Brief schrieb er, dass ich einen bestimmten Omnibus benutzen sollte, mit dem ich zunächst sieben Meilen ins Land fahren könne. Er gab mir dann noch weitere Anweisungen, wo ich das Fahrzeug verlassen sollte, um nach einem kurzen Weg sein Heim zu erreichen.

An der verabredeten Haltestelle sagte mir der Wagenführer, dass ich noch anderthalb Meilen bis zu meinem Bestimmungsort zu gehen hätte. Er hielt dann an einem Seitenweg und sagte mir, dass ich von hier aus nur noch eine halbe Meile von meinem Ziel entfernt sei. Ich befolgte den Rat, stieg aus und ging auf diesem Weg meinem Bestimmungsort entgegen. Nach einer Zeit kam ich im Scheunenhof eines Farmers an. Es wurde bereits dunkel. Der Farmer erklärte mir, dass ich schon eine Meile zurückgelegt hätte und noch eine weitere Meile gehen müsse. Doch ich sei nicht imstande, den Weg jetzt in der Dunkelheit zu finden. Er bot mir an, mich mit einer Laterne bis zur Hauptstraße zu begleiten.

Nachdem er seine Gummistiefel hervorgeholt und angezogen hatte, marschierten wir durch ein Feld, kletterten über ein oder zwei Gartenzäune und folgten dann einem kleinen Flussbett. Nach kurzer Zeit mussten wir das Wasser überqueren. Zunächst brachte der Mann meine Reisetasche auf die andere Seite, dann nahm er mich auf seinen Rücken und trug mich hinüber. Uns am Gebüsch festhaltend, erkletterten wir eine steile Anhöhe. Oben angelangt, wies mir mein Führer den rechten Weg.

Als ich dann vor dem Haus stand, war alles dunkel. Die Hausbewohner hatten sich schon zur Ruhe gelegt. Auf mein Klopfen öffnete eine Frau die Tür. Sie war eine verheiratete Tochter des kranken Mannes und glaubte nicht an göttliche Heilung. Aus diesem Grunde hatte der Vater ihr auch nichts von meiner bevorstehenden Ankunft gesagt. Sie sagte mir, dass sie zwei kranke Männer im Hause hätte und mich nicht für die Nacht aufnehmen könne. Und sie weigerte sich, mich ins Haus zu lassen.

Jedoch ihr Vater hörte meine Stimme und rief mir zu, einen Augenblick zu warten. Er erklärte mir dann, dass er seiner Tochter meine Ankunft verschwiegen habe und nun sehr froh wäre, dass ich gekommen sei. Weiter sagte er mir, dass alle Ärzte seine Wiederherstellung aufgegeben hätten. Sein Herz wäre aus der richtigen Lage geraten und er müsse große Schmerzen leiden.

Nach ernstem Glaubensgebet sandte Gott seine Heilkraft. Am andern Morgen bekannte der Mann: „Mein Herz ist in Ordnung, es ist wieder an seinem rechten Platz, ich bin geheilt.“ All diese widrigen Umstände wurden in solch einer Weise überwunden, dass die ertragenen Beschwerden auf Grund der großen Segnungen, die der treue Gott mir und anderen zuteil werden ließ, einfach in nichts verfielen.